Estichà Unterer Markt

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Der Fabel Schluss (Untermarkt)

Fabula Docet @, Friday, 15. May 2009, 12:59 @ Fabula Docet

"Ich will es euch verraten, was sich zutrug, denn Tshoshar kam gar nicht erst dazu, einen Plan zu fassen."

Sie schüttelt den Kopf leicht. Die Kinder schauen ungläubig. Was ist denn dann passiert?

"Eines Abends, da sich das Ziel ihrer Reise schon in greifbarer Nähe befand, saßen sie alle beisammen um ihr Lagerfeuer und aßen und tranken. Später, als Parvas und Madran bereits in Vesanas Armen weilten, da saß der junge Tshoshar noch immer stumm da und grübelte. Er war kein großer Geist, und so war ihm während der langen Reise noch immer kein guter Gedanke gekommen. Da aber vernahm er plötzlich eine süße Stimme aus den Wäldern. Er wurde neugierig, und was konnte es schon schaden, jemanden mit einer so lieblichen Stimme kennen zu lernen? Und er entfernte sich immer weiter von seinen Beschützern, ging tiefer in den Wald, um den Verursacher der wundervollen Geräusche zu finden. Und da sah er sie: Eine wunderschöne Frau, von einem leuchtenden Glanz umgeben, und sie saß auf einem Stein und sang vor sich hin. Als er aber, ungestüm wie Jungen nun einmal sind, forsch an sie herantrat, da sprang sie auf und sah ihn an. Und er blickte in ihre Augen und war gebannt. Sie kam zu ihm und sprach:
„Komm, komm zu mir. Schließ deine Augen und reich mir deine Hand. Vertraue mir. Ich werde dich beschützen und befreien von allen Sorgen, und du sollst im Dschungel bleiben dürfen und frei sein von jenen, die dich loswerden wollen und nie wirklich geliebt haben. Hör auf mich und vertraue mir.“
Und Tshoshar schloss seine Augen und streckte seine Hand aus. Doch als die Frau seine Hand berührte, da erzitterte sie gar sehr und schrak zurück, und sie schrie wie mit der Nadel gestochen. Und da riss er die Augen auf und sah, in welch hässliches Monster sie sich verwandelt hatte, in welch grausamen, namenlosen Schrecken, der ihn zu verschlingen trachtete. Von diesem Geschrei waren auch Parvas und Madran erwacht und herbeigeeilt, doch sie konnten ihrem Schützling nicht helfen. Da senkte sich das Ungetüm nieder und wollte den Jungen zerstampfen und zerschmettern. Doch unser junger Held besaß mehr Glück, als es den meisten von uns beschieden ist. Denn nichts konnte der Schrecken ihm antun, prallte nur an ihm ab wie Wasser an einem Stein.

Es war die Liebe seiner Mutter, die er nicht kannte und die doch einst ihr Leben geopfert hatte, um seines zu retten, die ihn umgab wie ein schützender Mantel und die kein noch so unaussprechlicher Schrecken zu durchdringen vermochte. Da zog sich das Ungeheuer zurück in die Tiefen der Dunkelheit. Darob waren Parvas und Madran sehr erfreut, und sie stürmten auf Tshoshar zu und umarmten ihn herzlich. Doch der Junge ahnte, wem er sein glückliches Davonkommen zu verdanken hatte, und er begriff in diesem Moment, dass er mehr wissen musste. Und obwohl er seine Beschützer über alles liebte, dämmerte es ihm doch, dass er nicht hierher gehörte und zu den Seinen gehen musste. So beendeten sie ihre Reise gemeinsam. Als eine kleine Ansammlung von Hütten am Metchà in ihrer Sichtweite auftauchte, da trennten sich ihre Wege endgültig. Sie weinten bittere Tränen, denn so schwer und gefährlich ihr gemeinsames Schicksal gewesen war, so sehr hatten sie die gemeinsame Zeit auch genossen. Dann drehten Parvas und Madran ihre Schritte und kehrten zurück in den Dschungel. Und Tshoshar, der aus dem Dschungel kam, ging zu den Leuten, unter denen seine Mutter gelebt hatte. Die Legende von seinen Abenteuern im Urwald ist bis heute allseits bekannt, denn die Stadt an den Gestaden des Metchà, in die er ging, war ein kleiner Ort, der einmal unter dem Namen Estichà bekannt werden sollte."

Erstaunte Gesichter machen sich in der Runde breit. Die Alte aber streckt ihre Hand aus und deutet in die Menge.

"So lernt denn eines aus der Geschichte von Tshoshar, dem Sragon aus dem Dschungel: Wer Glück hat, dem ist das Leben eine schöne Zeit, doch wirklich glücklich kann sich nur der schätzen, der die Liebe seiner Familie und Freunde besitzt!"

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