Estichà Unterer Markt

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Der Fabel zweiter Teil (Untermarkt)

Fabula Docet @, Friday, 15. May 2009, 12:55 @ Fabula Docet

Ihre Stimme erhebt sich dramatisch, als sie die Pause beendet und weiterspricht.

"…doch ahnten sie nicht, dass der namenlose Schrecken sie aufgespürt hatte, denn er wollte nicht ein Mitglied der Expedition am Leben wissen. Und da brach der Schrecken über sie herein, als sie gerade den Jungen der Dorfpriesterin übergeben wollten, und er vernichtete das Dorf und alle, die in ihm lebten. Parvas aber in seiner Klugheit ersann einen Fluchtplan und Madran mit seinen schnellen Beinen trug sie aus der Gefahr. Sie hatten erneut Glück gehabt. Nun aber wussten die beiden, dass sie weiterhin in Gefahr schwebten und dass sie den Jungen tief im Dschungel würden verstecken müssen, um sein Leben zu beschützen. So gingen sie fort und versteckten sich tief in den Wäldern und zogen den Jungen dort nach all ihren Möglichkeiten auf. Diejenigen unter euch, welche die Fabel bereits kennen, wissen nun auch, welchen Namen sie dem Jungen gaben, denn dies hier ist die Geschichte von Tshoshar aus dem Dschungel. Die beiden Tiere kümmerten sich nach Kräften um ihn und lehrten ihn alles, was sie über das Leben und die Röhre wussten. Es zogen so einige Stürme über das Land hinweg und Tshoshar wuchs zu einem kräftigen Jungen heran. Er war Parvas und Madran sehr verbunden, die für ihn wie seine eigenen Eltern waren, obschon sie natürlich von sehr unterschiedlichem Charakter waren. Madran sprach für gewöhnlich selten, denn es war ohnehin das Huf, das ständig sprach und auch den jungen Tshoshar in die Sprache der Tiere einführte. Unbehelligt von den Schrecken, die andernorts auf sie lauern mochten, verbrachten sie einige Stürme in Zufriedenheit und Ruhe.

Nun ist es aber ein Gesetz des Lebens, dass nichts unverändert bleibt, denn die Zeit ist wie ein Rad, das niemals aufhört, sich zu drehen. Und so drehte sich auch das Rad des Schicksals für den jungen Tshoshar. Als er nämlich so zehn Stürme hatte kommen und gehen sehen, da wurde er im Dschungel von einem Teccrahka in wilder Rage angegriffen. Wieder einmal war es nur sein Glück, das ihm das Leben rettete, denn das Teccrahka war mit schier überechslicher Kraft ausgestattet, die einem unheimlich erschien wie sonst nur etwas und in deren Gegenwart ein eiskalter Schauer über jedermanns Rücken lief. Tshoshar aber entkam dem Angriff, indem er sich auf einen Ast rettete, das Teccrahka aber stürzte in den darunterliegenden Fluss und trieb davon. Ob dieser Nachricht aber gerieten Parvas und Madran in gar große Sorge, denn sie ahnten, dass ihr Schützling auch in dieser Abgeschiedenheit nun nicht mehr sicher war. Und sie berieten sich eine ganze Nacht lang, was sie tun sollten, denn über die Stürme hinweg waren die beiden gute Freunde geworden und gaben viel auf das Wort des anderen. Am nächsten Morgen eröffneten sie Tshoshar, dass sie gemeinsam losziehen würden, um ihn aus dem Dschungel zu bringen, dorthin, wo viele Sragon und Menschen und Chirà waren und er für immer in Sicherheit wäre. Das gefiel dem Jungen nicht, denn er liebte seine Zieheltern gar sehr, doch er fügte sich ihnen in stillem Gehorsam.

Und wieder zogen sie los, Parvas noch immer auf dem Rücken des Roputans, der Junge nun auf seinen eigenen zwei Füßen. Sie wanderten und wanderten, denn die Senke ist groß und weit und nicht zu begreifen für einen einzelnen Geist, schon gar nicht den eines Sragonjungens! Ihre Schritte trugen sie immer weiter fort von dem Ort, an dem Tshoshar einst das Licht der Welt erblickt hatte, denn keiner von ihnen wusste natürlich, was sich an jenem Tag zugetragen hatte, an dem seine Mutter ihr Leben zu seinem Schutze aufgegeben hatte. Stattdessen trieb es sie weiter Richtung Metchà, immer näher auf die Berge zu. Tshoshar war nicht besonders klug, so wie Parvas, oder besonders stark, so wie Madran, doch er besaß ein großes Herz. Und mit diesem Herzen liebte er seine beiden Elterntiere und den Dschungel, denn er kannte nichts anderes und wollte nie etwas anderes kennen müssen. So grübelte er jeden Tag der Reise, was er tun könnte, um nicht von ihnen verstoßen zu werden, denn er wusste, dass genau das mit ihm geschehen sollte. Weshalb sie ihn verlassen wollten, das begriff er nicht, aber er war gewiss, dass er sie umstimmen musste. Nur wie?"

Die Alte hebt ihren Kopf leicht, als wolle sie in die Runde blicken, doch unter der Kapuze ist kein Gesicht zu erkennen. Sie hält inne.

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