Zwischen Tag und Nacht
Mit der Dämmerung war die Stille gekommen, allgegenwärtig quoll sie aus dem schwarzen Stein der Mauern , wie Blut aus einer Wunde, erstickte die gramgebeugte Geschäftigkeit in und vor der Stadt. Verstummt war das Rumpeln der Leichenkarren, verstummt waren auch die Stimmen der Ausrufer, die das Volk von Vorovis gerufen hatten, zur der großen Totenfeier vor den Toren der Stadt. Verstummt waren auch die die Stimmen der Priester und ihre Gebete über den toten Leibern der Gefallenen, die gehüllt in die blutroten Fahnen Vorovis schon im großen Schweigen Xiths ruhten.
Oben, über der Stadt, im Dunkel eines verwaisten Raumes, klirrte leise rotes Eisen in die Agonie des Augenblicks, als sich die einsame Gestalt aus seinem eisernen Stuhl erhob, den schwarzen Umhang enger um die Schultern zog und an das mit schweren Samt verhängte Fenster trat. Mit einem Ruck zog er den Vorhang zurück und blickte im sterbenden Licht des Tages über die Stadt zu seinen Füßen, die im Schatten der hereinbrechenden Nacht ertrank. Noch einmal flackerte ein schmaler Lichtstreif am westlichen Horizont, bevor das Himmelslicht endgültig erlosch und in diesem Moment als der Tag schon verloschen, die Nacht jedoch noch nicht geboren war, rief er stumm die Toten. Zu letzten Marsch rief er sie, zum Marsch in die Analen der schwarzen Stadt und in die Herzen der Vorovisianer. Ihre Namen sollten dem Vergessen entrissen sein und ihr Opfer die Wunden Vobras heilen, die der blutige Kampf geschlagen hatte. Werkzeuge waren sie gewesen und waren es noch im Tode, der Preis der Macht, der zu allen Zeiten in Blut zu entrichtet war, doch ihre Namen sollten leben, solange die schwarzer Wälle Vorovis zum Himmel drohten!
Eisen klirrte auf Eisen, als sich der Mann abwandte und den Raum verließ. Selbst durch die dicken Mauern des ehemaligen Jamachan Hauptquartiers drang das dumpfe Pochen der großen Pauken, das im gleichen Moment als das Himmelslicht endgültig erlosch, die Stille zerriß. Langsam, wie das Schlagen eines großen Herzens, hallten die Pauken bis in den letzten Winkel der Stadt, riefen die Menschen Vorovis zum Fest der Toten.
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- Zwischen Tag und Nacht - VOR Verwaltung, 03.10.2010, 19:16
- Heilige Märtyrer - Bobens Wratan, 03.10.2010, 20:04