Vorovis Hafenmarkt

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Das Blutgericht

Shadur Adib @, Friday, 26. March 2010, 01:38

Die ganze Nacht und den gesamten Morgen über hat man dem Gericht schon Gefangene zugeführt, fast scheint es so, als wäre das alte Gebäude noch niemals zuvor so effizient genutzt worden, wie es jetzt der Fall scheint und auch noch nie so gut bewacht, wie es jetzt ist. Jedes subversive Element auf den Straßen wird festgenommen und hergebracht, selbst wenn die Subversivität allein darin besteht, dass man ein einfacher Schreiber im Rathaus war und somit de facto der Kanzlerin untersteht, ohne dass man sie selbst zu Gesicht bekommen hat oder auch dass irgendwer mal irgendwann über irgendjemanden behauptet hat, dass man mit dem Jamachan zu tun hat. Schon kleinste Verdächtigungen genügen, um heute hier zu landen. Jeder kennt das Gericht, das altehrwürdige Gebäude mit den zwei hohen Türmen, die Zellen, niemand verbringt hier lange Zeit, denn Vorovis war nicht dafür bekannt, lange Gefängnisstrafen zu verhängen. Zwangsarbeit oder Tod. Allenfalls noch die Collovis. Mehr steht hier nicht zur Auswahl. Doch heute ist ein neuer Tag. Und dieses Haus ist ab heute nicht mehr nur das Gericht, ab heute ist es unter einen anderen Namen bekannt. Ab heute nennt man es...

DAS EXECUDAT
Schon kurz nach Mittag werden Herolde in die ganze Stadt entsendet, die verkünden, dass die Drahtzieher hinter dem großen Verrat, die Verräter und Diebe, alle die, die sich schuldig und am vorovisianischen Volk versündigt haben, noch heute vor ihrem Richter stehen werden. Jeder aufrechte Vorovisianer wird aufgefordert, sich zum Execudat zu begeben und den Prozessen beizuwohnen. Denn dort, so die klare Aussage, wird reiner Tisch gemacht, mit dem alten Vorovis und seinem Klüngel. Und jedem Bürger muss klar sein, dass das Blut in der gestrigen Nacht nicht das letzte ist, das deswegen geflossen ist. Vorovis ist nicht gnädig und es verzeiht nie. Am späten Nachmittag dann werden die großen Tore endlich geöffnet, damit das Volk kommen und sehen kann. Die Gardisten treten beiseite, ein jeder kann, nein soll eintreten. Die Schuldigen waren heute die anderen, man hatte nichts zu befürchten.

Und sie alle empfängt die kalte Vorhalle, Vorhof der Furcht, erbaut um sie alle in ihrer Hoffnungslosigkeit zu brechen. Und obgleich sie nichts von ihrer einstigen Macht verloren hat, ist es heute anders. Die tobenden Richterstatuen mit ihren zornigen Fratzen sind verschwunden, der staubigen Boden verrät, was mit ihnen geschehen ist. Einzig die größte von ihnen steht noch stolz und aufrecht auf ihrem riesigen Sockel, doch hat man ihr das Gesicht zerschlagen, das Antlitz Shevar Nevemos, des einstigen Generals, der hier Recht sprach. Wer auch immer für diese Schändung verantwortlich ist, es ist ihm offenbar nicht gelungen, die große Statue niederzureißen und zu zerschmettern.

Das Portal zum größten Saal des Hauses steht weit offen, unzählige Bänke sind herbeigeschafft worden, um den Bürgern Platz zu bieten und doch ist jetzt schon klar, es würden nicht genug sein. Über allem trohnt das mächtige Richterpult, mit blutrotem Stoff umhüllt und einem Wariagkopf darauf prangend, so hoch, dass man davon den gesamten Saal und sogar die Vorhalle überblicken kann, einige schwer bewaffnete Gardisten flankieren den Richtersitz. Davor steht ein kleiner, im Vergleich fast mickriger, Tisch mit einem einfachen Stuhl dahinter, die Anklagebank. Links und rechts des Richterpultes sind mehrere Bänke angeordnet, die schon besetzt sind, bevor der erste Bürger den Saal betreten kann, Gäste des Sadus. Unter anderen kann man dort Reichspreator JASSAR GODELE und Reichsleiterin SHENYA VAÉ erkennen, doch alle ohne ihre sonst üblichen Uniformen. Schnell ist der Saal gefüllt, die Neugier treibt die Schaulustigen herbei, sie alle wollen sehen was hier heute passiert. Die Nachzügler drängen sich stehend hinter den Bänken bis in die Vorhalle.

Eine kleine Tür hinter dem großen Richterpult öffnet sich. Er trägt den dunkelroten Wariag-Kataphrakt, als Symbol für seinen neuen Rang und das neue Zeitalter der Menschen, als Zeichen des Anspruchs auf die Herrschaft über alles Lebende im Namen Hostinos selbst. Rötlich und reich verziert, auf Brusthöhe prangt ein Wariagkopf, das Zeichen des neuen Kaisers und des hohen Ranges seines Trägers. Ein glänzender roter Umhang ist ihm umgelegt worden, befestigt an einer silbernen Kette aus schweren Ringen um seinen Hals. Es war Shadur Adib, einige kennen ihn sicher noch von früher. Doch nun war er jemand anderes. Er war Sadus, er war Inquisitor. Sein harter Blick wanderte durch den Saal, einige schien er sogar direkt anzusehen, seine Augen hatten etwas dämonisches an sich, wie jemand der frei von allen Fesseln war, die normale Menschen begrenzen. Die Stimme laut und gnadenlos:

»Volk von Vorovis! Ich wurde allein nicht geschickt, um Recht zu sprechen!«

...

»Ich wurde geschickt, um Rache zu üben an dene, die Vorovis hintergangen haben!«

...

»Bringt den ersten Verräter!«

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