Dhaxun Zahar
Das letzte Gericht
Späte Nacht, die Flammen brennen,
Herrschertod durch der Klingen Stahl.
Dunkelheit sieht die Schatten rennen,
weil es der Mann in Schwarz befahl.
Die Feder in seiner Hand zitterte. Oder waren es seine Finger, die zitterten? Als die Feder langsam zu Boden glitt, folgte Dhaxun ihr mit seinem Blick, einen kurzen Moment verharrte er dort, wo sie liegen geblieben war. Sein Blick wanderte zu einem Zettel, der auf dem Tisch lag. Fast so, als hätte ihn jemand für diesen Augenblick darauf drapiert, damit er ihn jetzt sehen konnte. Ein einfacher Reim. Wer hatte ihn geschrieben? Er selbst? Wann? Wieso? Er sah sich in diesem Raum um, musterte die scharfen Ecken und spitzen Kanten, alles war in eine strikte Ordnung gepresst... nein, gezwungen worden. Dieser unnachgiebige Zwang, der selbst vor dem scharzen Stein nicht Halt machte. Er nannte es nicht umsonst seine Gerichtshalle. Ein Lichtstrahl fiel durch das Fenster und schien genau auf sein Gesicht. Es blendete ihn. Einen Moment lang. Und doch fühlte es sich so anders an, so warm, so hell. Es war nicht nur die Tatsache, dass Sonnenlicht in den engen dunklen Häuserschluchten etwas seltenes war, nein es war... anders. Nicht von dieser Welt. Anders. Er konnte nicht wegsehen.
Sein Körper fühlte sich taub an, wie gelähmt. Er spürte ein leichtes kribbeln und ziehen auf seiner Haut, aber es war nicht schmerzhaft. Nur kurz lenkte es ihn ab. Das Licht. So hell. Er wollte ans Fenster treten, hinausschauen. Doch er würde es nicht tun. Er wusste, dass er nicht mehr aufstehen würde. Nicht weil er es nicht konnte, er würde es einfach nicht mehr tun. Manche Dinge konnten einfach nicht hinterfragt werden, sie standen fest, es war einfach so. Und eines dieser Dinge war, dass Dhaxun nicht an dieses Fenster treten und nicht hinausschauen würde. Seine Augenlieder schlossen sich, doch er konnte das Licht noch immer sehen. Er saß ruhig auf seinem Stuhl. Erfüllt von der Erkenntnis, nichts mehr ändern zu können. Wissen war das eine, Erkenntnis aber eine ganz andere Sache. Er war nicht verbittert. Am Ende bekamen alle was sie verdienen. Dies war nun seine Stunde.
Die Gedanken kreisten umher. Viele Dinge hatten seine Augen erblickt, die Normalsterbliche niemals sehen würden. Waffen, gefährlich glitzernd im Dunkeln, wie von einer anderen Welt. Das Ewige Tor zur Verdammnis unter den Mauern des Kriegspalastes. Unaussprechliche Dinge, gebunden von uralten Schwüren, bei ihrem letzten Dienst an ihren Meistern. Und trotz alldem erinnerte er sich in diesem Augenblick nur an eines. Er sah ihr Gesicht deutlich, fast so als würde sie vor ihm stehen und ihn ansehen. Chara. Er wusste nicht, ob er es laut ausgesprochen oder nur gedacht hatte. Er sah sie, so nah und doch war sie unendlich weit von ihm entfernt. Ich liebe Dich. Die Kinder. Seine Kinder. Die Gewissheit traf ihn, dass er seinen Sohn niemals in seinen Armen halten würde. Er würde sie niemals wiedersehen. Ich liebe Euch. Der Schmerz, er spürte ihn, doch er hatte keine Tränen mehr. Am Ende hatten sie gesiegt und doch hatte er alles verloren.
Seine Augen öffneten sich wieder, doch das Licht war fort. Er war alleine in diesem Raum. Es war dunkel. Die Würfel waren gefallen. Er würde die Stadt niemals wieder verlassen, das war sein Schicksal. Er wusste, dass dies sein Ende war und er hatte es akzeptiert. Er fühlte, wie die Dunkelheit ihn umhüllte, jegliches Licht aufsog, spürte aber weder Schmerz noch Leid. Nur noch dieses seltsame Gefühl in seinem Herzen, etwas wichtiges zurückzulassen und niemals wieder zu sehen. Eine unendliche Leere. Einsamkeit. Er schloß ein letzte Mal die Augen und dann...
Der unsterbliche Himmel war hell und wolkenlos. Aber Keldorn verspürte keine Furcht mehr.
Das letzte Gericht
Es klopft an der Tür.
Der neue Herr des Hauses antwortet nicht.
Der Diener klopft noch einmal, die Kunde zu wichtig um umzukehren.
Keine Antwort.
Der Diener öffnet vorsichtig die Tür.
"Herr Zahar...?
Keine Antwort.
"Eure Exzellenz?"
Der Diener tritt ein (vorsichtig, dies waren Privat Gemächer, verbotene Domänen für Diener, selbst hochgestellte).
"Herr?"
"Exarch Zahar?"
Eine zusammengesunkene Gestalt auf einem Stuhl.
Der Diener kommt näher.
"Herr?"
Ein wenig lauter.
"Herr!"
Diener berühren ihre Herren nicht auf diese Weise.
Der Diener beugt sich herab zu seinem Herrn, mustert ihn genau, er sieht aus als würde er schlafen. Nahe an seinem Ohr spricht er.
"Herr! Herr Zahar. Es gibt neue Nachrichten von..."
Der Diener wird Misstrauisch.
Er muss die Konventionen brechen, er war ein guter Diener.(Oder einfach nur töricht.)
"Mein Herr!"
Er schüttelt Dhaxun Zahar
Ohne Spannung und schlaff. Er fällt vom Stuhl auf den Boden.
Ein Dorn der Furcht bohrt sich durch das Herz des Dieners.
"Verrat"
Flüstert er.
"Verrat."
Ruft er.
"Verrat!"
So laut er kann.
"Zu Hilfe! Verrat! Zu Hilfe!"
Die ersten Soldaten kommen herbei gelaufen und finden Dhaxun Zahar auf den Boden liegend. Keiner von ihnen wagt es ihn zu Bewegen oder zu berühren. Immer mehr und höhere Vorgesetzte treffen in den privat Gemächern Dhaxun Zahars ein. Keiner von ihnen bereit weitere Entscheidungen zu treffen. Wer war für wen zuständig? Wer für das verantwortlich? Die Heilerinnen und Töchter der Medora sind in der Dunkelheit verschwunden. Einige der Herrschaften gehen im Zimmer auf und ab. Die Zeit vergeht, bis:
Auf einem Stuhl sitzt ein Kommandant der Stadtgarnison, oder was davon übrig geblieben ist, seinen Helm unter seinem Arm.
"Benachrichtigt Hel Nergal."
Irgend jemand verlässt den Raum um diesen Befehl auszuführen.