Estichà Unterer Markt

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Das Grauen

Ein Chiràmädchen @, Sunday, 31. March 2002, 12:18


Angespannt und gereizt wirken die Menschen heute auf dem Markt. Die Fische stinken zum Himmel hinaus, Mayesh schimmelt vor sich hin, die Händler streiten untereinander über Nichtigkeiten. Junge Protzbolde prügeln sich, um die jungen Mädchen zu beeindrucken. Die älteren, vornehmen Damen schütteln pikiert ihre Köpfe, wie auch die Sragonzofe Sra-ka'at, und begutachten das lahme Gemüse, das in der Hitze vor sih hingammelt und auf hungrige Käufer wartet.

Doch wo ist der kleine Chirà-Bastard, auf den sie doch aufpassen soll? Einen Moment hatte Sra-ka'at nicht aufgepasst, hatte sie einer der stattlichen Torwachen nachgestiert - und schon ist die kleine Katze aus ihrem Blickfeld entwischt.
Genervt, uninteressiert zunächst dreht sich Sra-ka'at auf der Stelle, blickt sich zwischen den Ständen der Obsthändler um, am Fischstand, wo sich die kleine Chranian so gerne herumtreibt und versteckt. Immer unruhiger wird sie, ob sie die kleine Chirà wohl verloren hat? Schon fragt sie die ersten Marktbauern.
"Verszzeiht, Herr... habt Ihr eine kleine Chirà gesehen? Braunesss Fell... nur so grosssß etwa?" Die kleine Sragon zeigt auf ihre Brusthöhe, doch erntet sie nur ein Kopfschütteln, manchmal das mitleidige Lächeln einer Mutter. Immer hektischer sucht die kleine Sragon umher, siebt prügelnde Gassenkinder auseinander, hebt Planen, bis sich die Marktständler beschweren, beginnt, herumzurennen und Passanten anzusprechen, anzurempeln. Wo ist das Kind? Ist ihm etwas zugestoßen? Sie kennt sich doch nicht aus... hat doch keine Ahnung.
Doch da, zwischen ein paar abgedeckten Fässern nahe des Stadtbrunnens, da lungert die Kleine herum, kaut gelangweilt auf einer Hartwurst, unschuldig wie die erste Lantisblüte nach dem Sturm. Wütend stürmt Sra-ka'at auf ihren kleinen Schützling zu und packt sie bei der Hand. Schimpft sie aus. "Was hast Du Dir gedacht, Lejra? Einfach davonzulaufen? Hast Du denn eine Ahnung, was Dir hätte passieren können?"
Große unschuldige Kinderaugen mit Schlitzpupillen sehen zu der Sragon auf, Tränen sammeln sich, eine Pfote wandert unwillkürlich zur kleinen Schnauze, um den Daumen zu lutschen.
"Was denkst Du Dir? Tu das nie wieder! Hörst Du!" Das Mächen nickt udn begreift die Aufregung gar nicht. Nickt, um nicht böse zu sein.

Beiläufig fällt der Blick der Sragon auf die geschlossene Faust des Chiràmädchens. Stat des Daumens lutscht die Kleine wieder auf der Wurst herum. Knackend bricht ein Knochen im Raubtiergebiß des kleinen Mädchens. Die Augen der Sragon weiten sich. Ein erstickter Schrei, dann ohrfeigt sie ihren Schützling, steckt ihr die Finger in den Rachen, damit sie alle Stückchen wieder ausspuckt, während ein abgetrennter Finger mit Ring aus der Faust des Mädchens zu Boden fällt. Das Chiràmädchen beginnt zu schluchzen, zu schniefen, stolpert weg vom Brunnen, zu seiner Amme hin, krallt sich in den Rock der Sragonfrau. Doch die reißt sich los. Sucht mit wildem Blick nach dem Ursprung dieses grauenhaften Spielzeugs.

Der Blick Sra-ka'ats wandert unwillkürlich neugierig zu den Fässern unter der Plane. Fliegen beginnen um den Boden eines der Fässer herumzuschwirren. Alle tauchen sie in eine braune Soße ein, die langsam, dickflüssig in den sandigen Boden sickert. Die Reptilienaugen bereits vor Schreck geweitet, das weinende Mädchen, auf das sie aufpassen soll, vergessen hinter sich gelassen. Sra-ka'at nähert sich dem fliegenumschwrämten Faß, das einen süßlichen Geruch in der schwülen Morgenhitze von sich gibt. Faulig weht es von dem nahen Fischstand herüber... oder ist es näher?
Als die Sragon den Deckel öffnet, schallt ihre schrille, hohe Stimme weit über den Markt. Wie von Sinnen schreiend, die Augen geschlossen, den Kopf schüttelnd. Auf dem Platz dreht sie sich um, rennt panisch brüllend wie von Sinnen los, stößt das Chiràmädchen um, das weinend auf dem Hosenboden sitzen bleibt, und genüßlich den Finger vom Boden aufhebt und weiter lutscht.

Bleich bricht die Sragon nur einige Schritte entfernt zusammen und bricht, übergibt sich hemmungslos, während ein schwarzer Schwarm an Fliegen surrend über dem Faß zu schwirren anfängt. Neugierige Passanten nähern sich, umschwärmen die Sragonfrau, die zum Sprechen nicht in der Lage ist. Stehen um das Mädchen herum, reißen die Plane von den Fässern, versammeln sich und stellen Fragen.
Einer der Neugierigen stößt unachtsam eines der Fässer um. Der lose aufgesetzte Deckel öffnet sich, und mit irrem, blinden Blick rollt der Kopf eines Mannes aus einem blutigen Öltuch heraus. Rollt ein, zwei Schritt über das Pflaster, unwirklich wie eine Plastik aus Keramik, bunt bemalt und gruselig.
Den Mund im Schreck so offen wie seine Augen, der Hals säuberlich abgetrennt.

Entsetzt weicht die Menge auseinander, weitere Fässer werden umgestoßen. Und unter dem Surren der schwarzen Aasfliegen rollen Gliedmaßen, Arme, Beinteile heraus, wie Filetstücke an den Viljanaständen oder den Fleischtheken der Echsenzüchter. Stinkende Gedärme als dicke, bleiche Würste kullern über den Markt, während eine immer größer werdende Menge schreiend und in Panik vom Brunnen auseinanderstiebt.

Und mit leisem Knacken, unhörbar in all dem Geschrei, bricht ein weiteres Knöchelchen im Gebiß des kleinen Mädchens.

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Re: Das Grauen

Orbasan @, Sunday, 31. March 2002, 13:06 @ Ein Chiràmädchen


Als Antwort auf: Das Grauen von Ein Chiràmädchen am 31. März 2002 12:18:12:

Und mit leisem Knacken, unhörbar in all dem Geschrei, bricht ein weiteres Knöchelchen im Gebiß des kleinen Mädchens.

Orbasan der zufällig vorbeikommt schaut entsetzt auf das Geschehen am Brunnen. Der widerwärtige Gestank veranlaßt ihn, instinktiv ein Tuch vor die Nase zu ziehen, obwohl es den Odem des Todes kaum mindern kann. Als die Menge auseinander rennt, greift er sich die kleine Chirà wobei er aufpaßt, dass sie nicht einen seiner Finger zwischen die Kiefer bekommt und zieht sich an den Rand des Marktes zurück.


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Re: Das Grauen

Can Tho @, Sunday, 31. March 2002, 17:16 @ Ein Chiràmädchen


Als Antwort auf: Das Grauen von Ein Chiràmädchen am 31. März 2002 12:18:12:

"Tretet beiseite!"
Ohne viel Federlesens pflügt sich der Cherja durch die aufgeregte Menge von Leuten, die in einer Mischung von Faszination und Abscheu um die Leichenteile wogt, sich zurückzieht vor dem Gestank und der öligen Leichenflüssigkeit, aber von nachdrängenden Neugierigen immer wieder nähergeschoben wird - eine Bewegung, die ihrer Komplexität an einen Vogelschwarm erinnert, der über Aas kreist und sich laufend neu formiert...

Can Tho tritt nahe heran und besieht sich die Verheerung ohne ein Zeichen des Ekels; allerdings mustert er kurz und kopfschüttelnd das glücklich auf dem Finger kauende Kind, dann schweift sein Blick mitleidlos über die Sragon-Kinderfrau.

Einen neben ihm Stehenden, der mit stierem Blick das anglotzt, was aus den Fässern rollte, knurrt er an: "Holt die Wache. Los!" und bahnt sich dann achtsam einen Weg zu dem Kopf, den er an den Haaren packt und hochhält. "Kennt ihn jemand?"

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