Am Rande des Marktplatzes sitzt ein Greis, die faszinierten Gesichter einiger Zuhörer sind auf ihn gerichtet. Viele Kinder sind unter ihnen und halten ihre Mütter bei den Markteinkäufen auf. Der alte Mann fuchtelt wild mit seinem Stock in der Luft herum, gestikuliert mit Händen und Füßen. Er trägt eine Matrosenmütze und seine winzigen Augen glitzern vergnügt. Es scheint als wäre ein Geschichtenerzähler nach Esticha gekommen.
„Es liegen schon viele Jahre zurück, als ich eines schönen Morgens die Brücke betrat um eine Freundin in der Allianz zu besuchen. Die Sonne lachte mir ins Gesicht und leuchtete wie goldenes Gersa auf den Feldern. Ich war schon oft über die Brücke gewandert, doch ich war stets im gleichen Maße beeindruckt. Aus kalten Stahl erbaut, ist sie inmitten der dampfenden Nebelschwaden des Dschungels ein Zeichen des Sieges gegen die Wildnis. Leblos ragt sie aus den Baumwipfeln heraus, breit genug um fünfzehn Reitechsen nebeneinander laufen zu lassen. Ich fühlte mich schrecklich unbedeutend und klein, als ich einsam nach Osten wanderte. Es waren bereits zwei Tage vergangen, einigen Händlern war ich begegnet, lange Kolonnen von Echsen, beladen mit Kostbarkeiten aus der Allianz. Sie schafften Schätze und Stoffe bis zu den Städten an der Westküste. Ich begegnete einigen Chirakriegern und gewöhnlichen Wanderern wie ich selbst einer war. Zur Morgenstunde des dritten Tages jedoch war ich allein, die Allianz war noch weit entfernt. Die endlose Brücke war im Morgendunst gespenstisch und verlassen. Ich freute mich schon des Abends im Heim meiner Freundin gute Speise zu verzehren und obwohl ich mich gelegentlich umsah, wenn aus den tiefen des Urwaldes gelegentlich unheimliche Schreie wilder Tiere erklangen, machte ich mir wenige Sorgen heil in der Hauptstadt anzukommen. Ich wanderte also in den Morgen hinein und pfiff dabei ein fröhliches Lied, als ich jäh verstummte, denn unter mir, im undurchsichtigen Blattwerk vernahm ich das Weinen eines Kindes. Ich lauschte genauer, wusste ich schließlich, dass ein solch zarter Laut unmöglich bis zu mir empor dringen konnte, doch ich irrte mich nicht. Inmitten des Waldes weinte ein Kind. Ich spähte hinab, konnte jedoch nichts als Lianen und mächtige Baumkronen erkennen, durch welche sanft der Wind strich. Was sollte ich tun ? Es gab keine Möglichkeit die Brücke zu verlassen, außerdem hatte ich von Dämonen und Ungeheuern gehört, die jenseits der Brücke ihr Unwesen treiben sollten, doch ich durfte dieses Kind nicht seinem Schicksal ausgeliefert lassen. Das Weinen bohrte sich eindringlich in meinen Kopf und mir lief ein Schauer über den Rücken."
Der Alte schweigt einige Zeit und lächelt seinen Zuhörern gutmütig entgegen
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- - Ein Geschichtenerzähler, 30.10.2001, 19:13
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- Re: Die Geschichte von den weinenden Kindern - ein kleiner Junge, 31.10.2001, 08:01
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- Re: Die Geschichte von den weinenden Kindern - Eine große Mutter, 31.10.2001, 19:35
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- ein letzter sehnsüchtiger Blick... - kleiner Junge, 01.11.2001, 18:39
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- ein letzter sehnsüchtiger Blick... - kleiner Junge, 01.11.2001, 18:39
- Re: Die Geschichte von den weinenden Kindern - Eine große Mutter, 31.10.2001, 19:35
- Re: Die Geschichte von den weinenden Kindern - Unah Rikjiel, 01.11.2001, 14:47
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- Re: Die Geschichte von den weinenden Kindern - ein kleiner Junge, 31.10.2001, 08:01