Regen und Fisch (Untermarkt)
Regenzeit. Was gibt es schöneres, als im Regen am Hafen herumzulaufen um einen Fischer zu finden, der seine Ware loswerden will?
Mit dem Gedanken scheint zumindest der Wirt des Langen Graben im Hafen herumzuwandern. Gar nicht richtig bei der Sache, wenn man seinen Blick so sieht und dennoch irgendwie Ausschau haltend nach einem gewillten Handelspartner für frischen Fisch.
Ab und zu spricht er einzeln herumstehende Hafenarbeiter oder Seeleute auf seinen Wunsch an.
Fiss Fiss
Feucht und glitschig war es auf dem Fischmarkt ja nun immer, da störte es auch nicht weiter, dass Vanor ganze Kübel Wasser über Elurien auszugießen gedachte. Die Fischer und Seefarer scheinen ein wetterfestes Völkchen und so trifft man hier ausnahmsweise mal nicht auf hochgezogene Schultern und wetterbedingten Trübsinn, sondern auf gut gelaunte Marktschreier, die in ihren gewachsten Regenmänteln den Widrigkeiten trotzen und nur noch umso lauter brüllen, je doller der Wind heult.
Mendrik findet rasch eine gute Auswahl frischen Fischs und steht nun nur noch vor der Entscheidung welche Sorte den Gästen des Langen Graben wohl munden würde.
Dass er bei seinem Einkauf aus kugelrunden, lagunenfarbenen Augen beobachtet wird, ist ihm im ersten Moment vielleicht garnicht so recht bewusst, tummeln sich doch genug Leute auf dem Markt, sodass das kleine, graue Fellknäul, welches von Standplane zu Standplane huscht und ihm auf seiner so offenkundigen Suche nach Fisch folgt, kaum auffällt. Immer wieder fluoreszieren die hellen Augen aus den Schatten eines Verstecks heraus und weiten sich aufmerksam, wenn ein Händler einen Fisch zur Anschauung über die Theke reicht, als warten sie darauf, dass auch nur eine einzige Schuppe von dem Leckerbissen zu Boden fällt.
Fischers Fisch
Bei einem Stand, der hauptsächlich mit Thunata bestückt ist, scheint der Wirt seine Entscheidung schließlich gefällt zu haben.
Er stemmt überzeugt seine Hände in die Seite und nickt entschlossen.
Erst als der Standbesitzer dem Käufer etwas zutuschelt, wirft dieser irritiert einen Blick über die Schulter. Heute hat er, zusätzlich zu seinen Barstoppeln auch noch vier Kratzer auf der Wange. Es ist schwer vorzustellen, dass es eine klassische Verletzung aus seinen Tätigkeiten als Wirt ist.
Etwas lauter als notwendig verkündet er feierlich: "Gut, ich komme mit einem Tagelöhner zurück, alleine kann ich es ja nicht tragen. In der Zwischenzeit könnt ihr vielleicht meinem neuen Freund einen Fisch filetiern?" Mit der einen Hand steckt er dem Fischer ein paar Schekel zu, mit der anderen deutet er in die Richtung des mehr oder weniger versteckten Fellknäuls.
Fischers Fisch
Als der Blick des Wirts den des versteckten Verfolgers trifft, schließen sich rasch die großen Katzenaugen, frei nach dem Motto: Wenn ich dich nicht sehe, siehst du mich auch nicht. Ein zottiger Schweif pendelt unruhig über den klammen Boden, dann öffnet sich das fahle Glimmen der Seelenspiegel wieder zu vorsichtigen Schlitzen und kurz darauf reckt sich der graubefellte Kopf eines chiranischen Mädchens aus den Schatten empor, um Mendrik bei seinem Handel zu beobachten. Flach auf den Boden gedrückt huscht das nackte Kind wie ein Wiesel über den Boden und nimmt den kurzen, ungeschützten Weg in Kauf, um sich etwas näher am Atunstand hinter einem Kistenstapel zu verstecken. Mit gespitzten Ohren taucht der regennasse Schopf wieder hinter den hölzernen Behältnissen auf und ein forschender Blick trifft den Fischverkäufer, der dem Wunsch des Kunden vermutlich umgehend nachkommt und eine schlanke Trucha filetiert, auch wenn er etwas skeptisch zu der potentielle Diebin herüber blickt, fütterte man keine streunenden Katzen, wenn man nicht wollte, dass sie einen fortan ständig belagerten.
Fischers Fisch
Aufmunternd lächelt Mendrik sowohl dem Fischer als auch der neuen Standbesucherin zu. "Na du?", wendet er sich dann an das kleine Mädchen, "ist es nicht gar ein wenig kühl und feucht, um hier herumzugeistern?"
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Rasch taucht das Mädchen hinter den Kisten ab, als Mendrik sich ihr zuwendet und nur noch die langen Pinsel auf den Ohren schauen hinaus. Die freundlichen Worte locken den Schopf dann jedoch langsam wieder in die Höhe, lugt das Mädchen neugierig in Richtung des Mannes und spreizt die Schnurrhaare schließlich zu einem zähnebleckenden Lächeln. "Tschara." quietscht sie schüchert und hüpft dann mit einem gewandten Satz auf die Bretter empor. Staubgraues Fell bedeckt den mageren Körper des kleinen Mädchens, dessen Alter man auf 8, oder 9 Stürme schätzen würde, doch ist man sich dessen keinesfalls sicher, bei dem mickrigen Häuflein Katze. Sie ist nackt, bis auf ein violettes Dreieckstuch mit türkisen Stickmustern, Fransen und diversen Glöckchen, welches sie um den Hals geknotet trägt. Die riesengroßen aquamarinfarbenen Augen betrachten Mendrik interessiert, während der Regen dunkle Schlieren in das staubige Fell zeichnet. "Lecka Fiss, jaja?" fragt sie und schnuppert bezeichnend in die Richtung des Fischstandes.
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Der Wirt kann sich, trotz des trüben Wetters, ein strahlendes Schmunzeln nicht verkneifen. "Ja, dass ist hoffentlich leckerer Fisch."
Nach einem fragenden Blick zum Fischer, greift er nach dem Filetstück, tritt einen Schritt neben den Stand und hält ihn ihr offerierend hin.
"Den hier hab ich für Dich gekauft, aber ehrlich gesagt glaube ich, dass Dir ein Eintopf aus meier Küche auch gut tun würde, zusätzlich."
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Allein der Anblick des Fischfilets lockt einen wohligen Schnurrlaut aus der jungen Chiràkehle. Sie zuckt mit der Nase, schleckt sich die Lefzen und lässt den Blick zwischen Mendrik und dem saftigen Fleisch hin und her wandern. "Fiss schenk?" fragt sie und trippelt aufgeregt mit den Vorderpfoten. Vorsichtig reckt sie den Kopf und schnappt mit den Zähnen nach dem Leckerbissen, um ihn dem Wirt aus der Hand zu klauben und sich dann ein Schrittchen zurück zu ziehen, als könne der Wohltäter es sich wieder anders überlegen. Behutsam legt sie den Fisch zwischen ihre Pfoten und blickt dann wieder auf. "Dank dank." erwidert sie artig und lässt die Ohren unter den prasselnden Regegngüssen zur Seite wandern. "Name Sotejhela. Was da?" fragt sie und hebt die Pfote, um auf Mendrik zu deuten.
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Etwas irritiert wiederholt er die Worte "Was da?", ehe er deren Sinn erkennt und ein "Achso!" von sich gibt.
"Mendrik Meran, das bin ich. Schön Dich kennenzulernen, Tschara." Nachdenklich blickt er sie an, aber scheint sich an ihrem Genuss zu erfreuen.
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Das Kind mit dem eigenwilligen Namen lächelt den Menschenmann strahlend an und lauscht seiner Vorstellung aufmerksam. Ihre Augen weiten sich etwas, dann blitzen die Zähnchen unter einem leichten Krausen der Nase hervor und die kleine Katze blinzelt überfordert. "Men...Me...da...da..." plappert sie behelfsmäßig, da der Name ihr offensichtlich etwas zu schwierig erscheint, dann schüttelt sie jedoch munter das Kragenfell und lächelt mutig. "Menmen!" entscheidet sie sich vergnügt für eine Abkürzung. "Tschara, Menmen. Danke Fiss und gut Appetit." sprudelt noch einmal die gesamte, spärliche Wortgewalt aus ihr heraus, dann grinst sie dem Wirt zu, schüttelt etwas Regen aus ihrem Fell und schnappt sich dann den Fisch. Die Beute zwischen den Fängen hüpft sie von der Kiste, schaut noch einmal über die Schulter zu Mendrik zurück und trippelt dann geduckt 484b4auf allen Vieren im Schutz der Standplanen in Richtung einer Gasse davon.
Fischers Fisch fischt frische Fischliebhaber
Als sie davonhuscht winkt er ihr munter hinterher. "Ist die Schöpfung nicht manchmal wunderlich und schön?", spricht er vor sich hin, doch der Fischer ist längst in die Rechnerei über die bestellte Ware vertieft und gibt nur ein abwesendes "mhm" von sich.