Die blassen Gesichter die sich hier offenbar versammeln, erhalten einen dunklen Farbklecks als sich Tahir Arun dem Markt nähert. Von den Ausrufern angelockt krückt auch er heran, hält sich jedoch am Rande auf, wo er sich an eine Hauswand lehnt. Der Stock, der sein ständiger Begleiter geworden ist, wird gleich daneben an die Wand gelehnt. Von dem Überfall, nur wenige Monate zuvor, ist nichts mehr zu sehen, ist er offenkundig wieder vollständig genesen. Da es noch etwas dauert bis die Verkündung beginnt, dreht er sich eine Zigarette, die er bald darauf entzündet.

Am Rande des Platzes, an eine Palme gelehnt, harrt auch der Prinzipal der Dinge die da kommen mögen. All zu gespannt scheint er aber nicht zu sein, war er doch, wie man so manchen munkeln hört, an der Entstehung des Dokumentes maßgeblich beteiligt. Auf der Suche nach bekannten Gesichtern blickt er Interessiert in die Runde, wobei sein Blick an einer schlanken, dunkelhaarigen Schönheit hängen bleibt. Schmunzelnd nickt er ihr zu, lässt seinen Blick kurz über ihre wohlgefällige Erscheinung gleiten, um seine Aufmerksamkeit dann wieder dem allgemeinen Treiben zu widmen.

Es ist eine Gruppe Musikanten, die die sich formierende Menschenmenge ausnutzt. Ausgelassen stellen sie sich vor dem ehrwürdigen Brunnen auf, der doch gleich sicherlich als Redeplattform genutzt werden wird. Während ein Mensch und ein Sragon leicht in die Knie gehen, turnt eine hochgewachsene Chirà auf die Schultern der beiden. "In drei Tagen gibt es ein großes Konzert im Langen Graben! Kommt alle und seht die Flammen des Ostens im Langen Graben!", ruft Tiosa übermütig in die Menschenmenge, und genießt unter dem Keuchen ihrer Kollegen den Ausblick über den sich füllenden Platz.

Just in dem Moment, als die Herolde durch die Straßen laufen, betritt eine junge Frau die Stadt. Wie alt mag sie wohl sein? Sie ist äußerst groß gewachsen, mag wohl an die 1,90 gehen, von athletischer Figur, und doch sind die weiblichen Reize ausgebildet. Das Gesicht allerdings wirkt recht jugendlich und faszinierend zugleich. Lange, schwarze Haare umrahmen das Gesicht recht wirr, und die Strähnen, die wohl im Gesicht stören würden, sind zu drei kleinen Zöpfen geflochten, die hinter den Ohren festsitzen. Das Gesicht selbst ist braungebrannt und von markanten Backenknochen geprägt. Doch es sind vielmehr ihre Augen, die den Betrachter in den Bann ziehen werden: Groß sind sie und von einem beinahe unwirklichen, tiefen Blau, umrahmt von langen, schwarzen Wimpern sowie schwungvoll gebogenen Augenbrauen. Auch die Kleidung ist bemerkenswert: ein knappes, eng anliegendes Hemd, das gut 5 Clat über ihrem Bauchnabel endet, von der selben schwarzen Farbe wie die ebenso knappe Hose, die vom oberen bis zum unteren Ende kaum 20 Clat misst, dazu feste und staubige, doch wohl teure Stiefel und eine gar einige Vat lange und ungefähr 50 Clat breite Schärpe, die sie über die linke Schulter gelegt und anschließend um die Hüfte gebunden und dort verknotet hat. Man merkt ihr an, dass sie neu in der Stadt ist, und doch wirkt sie nicht scheu oder unsicher. Vielmehr scheint sie neugierig zu sein, was es denn mit diesem Auflauf am Unteren Markt auf sich hat.

Verlautbarungen - hörte sich unglaublich spannend an - stellte sich nur die Frage, ob man dafür eine etwas spätere Mittagspause unterbrechen sollte, wußte man ja nicht wie lange das dauern würde und zu essen gäbe es sicher auch nichts...
Die junge Apothekerin jedenfalls verfolgt den Auftritt der Stadtwache mit einem Stirnrunzeln,hätte man die Bevölkerung sicher auch rechtzeitig informieren können.
Wie dem auch sei, letztendlich siegt dann doch die Neugier, weswegen sich die Schwarzhaarige gemächlichen Schrittes auf den Weg macht, um sich die vermeintlich wichtigen Neuigkeiten anzuhören.

Unter den Schaulustigen befindet sich auch eine der blaugewandeten Diener des Unergründlichen. Die Menschenfrau ist eingehüllt in eine Kutte, so dunkelblau wie der Metcha an seiner tiefsten Stelle. Ein geflochtener Zopf hellbrauner Haare schaut aus der Kapuze hinaus und fällt bis zum Bauch hinab. Im Schatten eines Hauses harrt sie der Dinge, die da kommen mögen.

Nachdem sich der größte Tumult etwas gelegt hat, bahnt sich ein altehrwürdiger, menschlicher Mann den Weg durch die Menge. Das längere, schlohweiße Haar ist im Nacken zurückgebunden, und das ältere Gesicht weckt Erinnerungen an alte, ferne Zeiten. Ardon Alderath steigt mit einer Pergamentrolle in den gealterten Händen auf die Stufen des Denderanbrunnens und wendet sich der wartenden Menschenmenge zu.

„Bürger des Elurischen Reiches!

Die Reichsregierung hat in Übereinstimmung mit dem Hohen Rat eine neue Verfassung beschlossen. Nach eingehender Prüfung auf Sitte und Recht soll diese nun endgültig dem Volke Estichas verkündet werden:

Bürger Estichàs! Gerade in heutigen, schwierigen Zeiten ist es wichtig, den Bund zwischen den Bürgern und der Regierung erneut zu stärken. Daher soll die derzeitige Reichsregierung durch einen vom Volk zu wählenden Reichsrat ersetzt werden. Dieser Reichsrat besteht aus drei weltlichen Mitgliedern, der durch ein vom Hohen Rat zu entsendendes klerikales Mitglied ergänzt wird.

Der Reichsrat wird die Amtsgeschäfte des Staates leiten, die hohen Beamten wie den Obersten Richter, den Stadtwachenkommandanten, den Armeekommandanten und den Leiter des Bürgeramtes ernennen. Er tritt an die Stelle der Ministerien und des Prinzipats Estichà, die ab heute in einen Auflösungsprozess eintreten, und ihre Arbeit nach den ersten Wahlen an den Reichsrat abgeben.

Er wird Gesetze erlassen und aufheben.

Der Reichsrat als Elurische Regierung wird einmal im Jahr von allen elurischen Bürgern in geheimer und direkter Wahl gewählt.

Dem Reichsrat zur Seite gestellt wird der „staatsübergreifende Rat“. Der Staatsübergreifende Rat tagt unter Vorsitz eines Mitglieds des Hohen Rates und besteht aus zwei Vertretern des elurischen Reichsrates, einem Vertreter der yedeischen Enklave und einem Vertreter der vorovischen Enklave. Hier werden alle Belange behandelt, welche Friedensschlüsse und Kriegserklärungen zur Folge haben können.

So beschlossen von

Jorrael na Shao,
 Hohepriesterin der Mehdora und Sprecherin der Rates der Hohepriester der Stadt Estichà
 
Monor Akí Akkrijiar
 Hohepriester des Delvan

Yinua Yinas Drakha Mondrijel
Reichsministerin

Pet Charmain
Prinzipal der Stadtmark Estichà

am 1. Jeyí 236“

Ardon macht eine Pause, und sieht über die Menge. „Die komplette Verfassung kann jederzeit im Rathaus eingesehen werden. Wenn nun keine Fragen mehr sind, kommen wir zu dem Zeitpunkt der Ersten Wahlen des Reichsrates und den Bedingungen des passiven und aktiven Wahlrechts.“

[Die komplette Verfassung ist hier einsehbar.]

Der alte Mann steigt grade auf die Stufen des Brunnes, da erreicht auch die Apothekerin Erià den Platz und reiht sich, ihre Tochter wie so häufig im Tragetuch auf dem Rücken, in die Reihen der Zuhörer ein.
Aufmerksam und mit zunehmendem Interesse lauscht sie den Worten und stellt sich hin und wieder auf die Zehenspitzen, um ein wenig besser sehen zu können.