Estichà Unterer Markt

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Verregnete Zeitenwende oder Verrat am Vaterland? (Untermarkt)

Reichsregierung von Estichà @, Thursday, 11. April 2013, 17:33

Es ist ein früher Nachmittag in den Wochen des Dauerregens, als eine Chirà in einem ledernen Mantel das Podest des unteren Marktes erklimmt. Neben ihr stehen zur Rechten und Linken eine menschliche Stadtwachengardistin und eine ebenfalls in eine Stadtwachenuniform gehüllte Chirà. Während die Reichsministerin (so nimmt man zumindest an, denn zweifelsfrei erkennbar ist sie in der regenfesten Kleidung keinesfalls) eine metallene Rolle aus ihrem Mantel zieht, dieser ein Papyrus entnimmt und es entrollt, hält die menschliche Gardistin pflichtbewusst eine Art ledernen Schutz darüber, damit die herabfallenden Tropfen die Tinte des zerbrechlichen Schriftstücks nicht zerfließen lassen. Die chiranische Gardistin hingegen sieht sich aufmerksam und wachsam in der Menge um, die Tatze an der Asnivala.

Mit dunkler Stimme verliest Yinua:

„Folgender völkerrechtlicher Vertrag wurde gestern von den Abgeordneten verschiedener menschlicher Nation unterzeichnet. Die Unterschriften: Im Namen des Orakels: Monor Akí Akkrijiar, Exarch des Delvan, Vertreter der Elurischen Regentin. Im Namen des Elurischen Reiches: Yinua Yinas Drakha Mondrijel, Reichsministerin, Pet Charmain, Prinzipal Estichàs. Im Namen der yedeischen Reichsstadt Gilgat: Leilya Mendara, Kronrätin zu Gilgat. Im Namen des Vorovischen Reiches: Hel Nergal, Reichspräfekt zu Vorovis. Ich verlese im folgenden den Vertragstext, der sofortige Gültigkeit besitzt.“

Ein Raunen geht durch die Menge, als schon allein die Namen der unterschiedlichen Unterzeichner genannt werden, gehörten zu ihnen doch geschätzte, wie weniger anerkannte Namen. „Was hat das zu bedeuten?“, keift ein Marktweib, und sieht unter der Markise ihres Standes hervor. „Ein Vertrag mit den Ketzern, oder was?“ Murmelnde, nicht besonders wohlmeinende Stimmen schließen sich der Frau an, und auch ein vorbeigehender Priester zieht die Brauen gedehnt hoch, die Kapuze, verziert mit dem Ornat seiner Göttin, anhebend, und die Delegation der Reichsregierung betrachtend. Fast könnte man meinen, die Bekanntgabe im schlechten Wetter wäre Teil einer strategischen Überlegung der Reichsregierung gewesen.

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Verregnete Zeitenwende oder Verrat am Vaterland? (II)

Die Reichsregierung @, Thursday, 11. April 2013, 20:04 @ Reichsregierung von Estichà

"Der Vertragstitel: Vom Wesen der Yedeischen wie Vorovischen Enklave und ihrem Verhältnis zum Elurischen Reich - Verteidigungspakt der drei Menschenvölker samt richterlicher Kooperationsrichtlinie."
Yinua räuspert sich, und spricht weiter gegen die aufbrausenden Gespräche und das stete Plätschern des Regens.

"Präambel: Nach einem schweren Sieg und einem blutigen Triumph über die Feinde aller
zivilisierten Völker und des gesamten Menschengeschlechts ist es nicht Zeit, die Differenzen zu
vergessen, sondern die Gemeinsamkeiten zu ermöglichen. Nur, indem wir unsere Kräfte bündeln
und eine gemeinsame Heimat für alle vernunftbegabten Völker aufbauen, können wir dem Feind
trotzen, dem schon zu viele Gestade zum Opfer fielen. Mit der Unterzeichnung des
nachstehenden Vertrages bekunden wir unser aufrichtiges Bestreben, den gemeinsamen Frieden
und die Freiheit in Toleranz der Unterschiede, aber ohne Aufgabe der eigenen Werte zu suchen.

Der weitere Vertrag ist unterteilt in die Abschnitte: Das Gebiet der Enklaven, §2: Vom Wesen und der Rechtsverfassung der Enklaven, §3 Von dem geregelten Zusammenleben zwischen den drei Menschenvölkern.

§1: Das Gebiet der Enklaven
a) Wesen der Enklaven ist es, dass sie Gebiete des Elurischen Reiches sind, die zur
vertrauensvollen Verwaltung als ein Lehen, d. h. als geliehenes Bewirtschaftungs- und
Bebauungsland, an die zuständigen Regierungen der Gilgater sowie der Vorovischen Enklave
gegeben worden sind.
b) Die Grenzen der Enklaven sind fest, und nicht beliebig ausweitbar. Jedoch kann ihre
Ausweitung in Abstimmung mit der Elurischen Reichsregierung vereinbart werden, niemals
jedoch ohne sie beschlossen oder durchgeführt werden.
c) Die Gilgater Enklave befindet sich vor dem Osttor Estichàs. Ihre Grenzen und genaue
Lokalisierung ist zusätzlich durch einen Pachtvertrag festgeschrieben, den die Elurische
Reichsregierung als Vergabegrundlage des Lehens akzeptiert. Vertragspartnerin der Elurischen
Reichsregierung ist die yedeische Reichsstadt Gilgat, vertreten durch die Gilgater Kronregentin
Leilya Mendara und ihre Rechtsnachfolger."

Hier hält die Sprecherin inne, und ihre dunkle, samtige und zuweilen rauh anmutende Stimme verklingt für den Moment, als wolle sie, dass die vorangegangene Bestimmung gut verstanden worden sei. Als sie fortfährt, verstimmen viele Nebengeräusche am Markt. Immer mehr füllt sich der Platz, Passanten, die ursprünglich nur den Ort queren wollten, sind schon vor einiger Zeit stehengeblieben.
Es war klar, was nun kommen würde.

"d) Die Vorovische Enklave befindet sich vor dem Südtor Estichàs. Ihre Grenzen werden im
Anhang dieser Bestimmung genauer erläutert. Mit der
Enklave handelt es sich um Land, welches von den Kriegern Vorovis' vor der sragonischen
Bedrohung verteidigt wurde. Dies -"

"Lüge!", fährt ein Passant auf. "Lüge und Korruption, Lüge!" Andere pflichten ihn raunend bei, andere sehen schweigend und indigniert drein, gerade die chiranischen Bürger maßlos entsetzt.
"Die Regierung wird schon wissen, was sie tut.", findet sich die moderatere Stimme einer behäbigen, älteren Frau, und manche, die das grenzenlose Vertrauen in die Obrigkeit nicht verloren haben,
stimmen ihr zu. In diesen Zeiten - nicht besonders viele.

Yinua strafft sich, streicht sich die Kapuze aus dem verhüllten Gesicht, und fährt mit verengten Augen und lauterer Stimme fort:

" - Dies ist für die Elurische Reichsregierung Rechtsgrundgabe der
Vergabe des Lehens. Vertragspartner der Elurischen Reichsregierung ist das Vorovisianische
Reich, vertreten durch Reichspräfekt Hel Nergal und seine Rechtsnachfolger.
e) Bei schwerwiegenden Verletzungen der nachfolgenden Pflichten des
Verteidigungspaktes oder der richterlichen Kooperation sowie den Zollfestlegungen hat die
Elurische Reichsregierung das Recht, die Lehen zurückzuziehen. Allerdings muss die
Verhältnismäßigkeit gewährleistet sein, den ansässigen Bevölkerungen müssen alternative
Siedlungsmöglichkeiten geboten werden und die diplomatischen Möglichkeiten müssen komplett
ausgeschöpft worden sein.
f) Für den Fall, dass das ursprüngliche Gebiet des Vorovischen Reiches oder der yedeischen
Reichsstadt Gilgat erwiesener Maßen wieder besiedelbar ist, sind die Enklaven innerhalb einer
angemessenen Frist wieder zu räumen und gehen zurück in die unmittelbare Verwaltung des
Elurischen Reiches oder seiner Rechtsnachfolger."

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Verregnete Zeitenwende oder Verrat am Vaterland? (III)

Die Reichsregierung @, Thursday, 11. April 2013, 22:10 @ Die Reichsregierung

Eine längere Pause tritt ein, in der die Drakha umständlich das vordere Papyrus hinter die folgenden Bögen schiebt, während das kalte Wasser an den oftmals fassungslosen und nur vereinzelt vertrauensvollen Gesichtern ihrer Zuhörer herabrinnt. Es ist ein ungemütliches Aufeinandertreffen. Kurz neigt sich die chiranische Gardistin zu der relativ kleingewachsenen Ministerin – und nach einem scheinbar knappen Wortwechsel nickt Yinua, und lässt ihren Blick nur einmal kurz über die Menge schweifen, ehe sie mit ruhiger, aber lauter Stimme und unüberhörbar hartem Tonfall fortfährt, nun auch schneller sprechend als zuvor:

§2: Vom Wesen und der Rechtsverfassung der Enklaven

a) Die Enklaven sind zwar wie oben stehend zum Ausdruck gegeben, elurisches
Staatsgebiet. Innerhalb der Enklaven gilt aber das jeweilige Recht der dortigen Bevölkerung, also
der Gilgater oder Vorovischen Bevölkerung, ihrer tradierten Staatsform und Religion.

b) In den Enklaven ist das Verbot der Missionierung und Praktizierung anderer Religionen
als des Neuen Kultes von Elurischer Seite aufgehoben.

c) Den Enklaven wird erlaubt, eine Armee auszubilden. Es dürfen jedoch, einschließlich der
Ordnungskräfte, niemals mehr als insgesamt 300 Frauen und Männer in der Vorovischen oder der
Gilgater Enklave unter Waffen stehen.

d) Die Enklaven unterhalten keine eigenständige Außenpolitik außer einem
Verteidigungspakt mit dem Elurischen Reich.

§3: Von dem geregelten Zusammenleben zwischen den drei Menschenvölkern

a) Der Verteidigungspakt der drei Menschenvölker wurde vom Krieg und der
Notwendigkeit geschmiedet, den ketzerischen Bedrohungen vereint die Stirn zu bieten. Im
Konfliktfall sind die Enklaven der Metropole, diese aber auch ihnen zur Waffenhilfe verpflichtet.

b) Es ist nicht statthaft, Schutzzölle oder sonstige Einfuhrbeschränkungen auf elurische Güter zu
erheben. Auf der anderen Seite ist die Besteuerung von speziell in den Enklaven gefertigten
Waren ebenso wenig erlaubt.

c) Der Friede des Gesetzes ist ein grundliegendes Anliegen eines jeden freiheitsliebenden Volkes.
Gesuchte Straftäter, die zur Strafentziehung in einen anderen Herrschaftsbereich fliehen, müssen
wechselseitig umgehend, d. h. innerhalb von drei Tagen, ausgeliefert werden.
Zu diesem Zweck ist
auch die kooperative Zusammenarbeit der jeweiligen Ordnungskräfte unerlässlich.

d) Religiöse Vergehen unterliegen nicht der Auslieferungspflicht, wenn die Auslieferung der
Delinquenten den eigenen religiösen Gesetzen entgegensteht. Diese Rechtfertigung ist jedoch
niemals für die Verweigerung der Auslieferung „weltlicher“ Delinquenten zulässig.

e) Weltliche Delinquenten sind: Verbrecher an Eigentum (Diebe, Räuber, Betrüger, Fälscher,
Einbrecher, Saboteure), Ruf (Verleumder, Verschwörer), Leib und Leben (Schläger, Verstümmler,
Giftmischer, Entführer, Vergewaltiger, Totschläger und Mörder), am Staat (Aufrührer und Hetzer,
Verschwörer, Putschisten). Bei nicht aufgeführten Verbrechen ist eine richterliche
Fallentscheidung notwendig.

So verlesen von Yinua Yinas Drakha Mondrijel. Mögen die Götter mit uns allen sein.“

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