Zwei Wochen unerbitterter Hitze liegen hinter der Röhre. Das letzte Mal, als die Hitze so lange anhielt war der Sturm unberechenbar und grausam gewesen. Was würde wohl passieren, wenn die Hitze noch länger anhielte? War die Küste durch die Angriffe der Westwildnissragon und ihrer unheiligen Magie nicht schon genug in Mitleidenschaft gezogen worden?
An diesem Morgen verstummen die Stimmen derer, die ein noch schlimmeres Omen fürchten. Ein Lüftchen, schwül, warm und träge, zieht durch die Straßen der Stadt. So flüchgig, dass jene die es spüren an eine herbeigewünschte Einbildung denken. Je mehr Stunden vergehen, desto mehr dieser Lüftchen werden von den Bewohnern der Stadt wahrgenommen. Sie werden kälter und als würden sie dadurch erwachen auch schneller und stärker. Der ein oder andere Blickt huscht an den westlichen Horizont über dem Metcha. Und gehen Mittag kann man sie sehen, dicke schwarze Wolken, mehrere Stockwerke hoch, die gewaltig auf Sanikas Atem dahinreiten. Als sie näher kommen erfüllt tiefes Grummeln die Luft, an die Ohren der Bewohner getragen auf den stärker werdenden Winden. Gegen Nachmittag sind diese Winde ein Orkan, der anhält solange die Wolken herannahen und unheilschwanger über die Stadt ziehen.
Mit lautem Krachen schließlich ergießen sich Bäche von Vanors Tränen über der Stadt. Blitze zucken unheilvoll über den schwarzen wolkenverhangenen Himmel. Auch der Metcha ist von den Mächten der vereint arbeitenden Götter nicht verschon geblieben. Wild von den Winden aufgeschaukelt werfen Wellen ihre schaumigen Kronen an Hafen und Strand, berechen sich in lautem Getose an den Klippen.
Sturzbachartig fließt das Wasser den Tafelberg hinab, verstopft die Straßen, weil es von der Kanalisation nach Stunden des Regnens nicht so schnell aufgenommen werden kann. Kräutergärten und Felder ver sinken im Matsch und selbst ein paar Rebstöcke auf den Weinhängen flgenden den matschigen Strömen hinab. Sanikas Atem reisst erbarmungslos Ziegel und Schindeln von den Dächern, welche klirrend an Häuserwänden zerschellen.

Als es am nächsten Morgen plötzlich wieder still ist, da atmten die Bewohner auf. Keine Tornados, kein Hagel, kein Schnee. Der Himmel ist dunkel verhangenen von den schweren Wolken, die bald monatelang Wasser auf die Röhre herunterregnen werden. Doch jetzt ist es still, das einzige Wasser das man hört ist das Tropfen aus den Regenrinnen, das Platschend auf das in den Straßen stehende Wasser auftrift. So schlimm der Angriff der Sragon war, so lächerlich erscheinen die Wassermassen, die unter der ein oder anderen Wohnungstür ins Innere eines Hauses eingedrungen sind. Und nach ein paar Stunden werde auch diese in der Kanalisation verschwunden sein.
Die Götter waren genädig. Die Stadt und selbst die Lager davor sind von den größeren Schäden verschont geblieben.

Als den Verantwortlichen an diesem Morgen klar wird das der Sturm schon bald losbrechen wird, schwärmen vom Rathaus Boten zu den Lagern der Vorovisianer und der Yedeer aus, um die Flüchtlinge vorzuwarnen und die Evakuierung einzuleiten. Unmittelbar danach sind auch Truppen der Stadtwache zu den Toren unterwegs, um die Flüchtlinge in Empfang zu nehmen und bei der Aufteilung auf die Quartiere zu Helfen. Viele große und kleine Betriebe aber auch unzählige private Haushalte haben sich dazu bereiterklärt Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen so vor den Naturgewalten Schutz zu bieten.
Wenig später ist dann auch Prinzipal Charmain zum neuen Stadtteil unterwegs, wo er vor der Universität auf den größten Teil der Flüchtlinge wartet, welcher in dem neuen Gebäude Platz finden soll.

Die meisten Hütten des yedeitischen Lagers waren zwar in den Vortagen provisorisch gesichert worden, aber da im Lager sowieso mehr provisorisch war, als vielleicht gut ist, ist die Unterbringung der yedeitischen Flüchtlinge wahrscheinlich die sicherste Variante für alle Beteiligten. Schreiber der provisorischen Verwaltung des Yedeitenlagers postieren sich mit ausführlichen Listen an den Stadttoren und als dann auch schon die ersten Flüchtlingswellen aus dem yedeitschen Lager eintreffen, machen sie sich daran, die Menschen den verfügbaren Unterbringungsmöglichkeiten zuzuteilen. Dabei wurde offenbar dafür Sorge getragen, dass Familien nicht getrennt werden, sondern möglichst an einem Ort untergebracht werden. Jede Gruppe erhält von den Schreibern ein Kärtchen, mit der zugeteilen Adresse. So passieren die ersten Flüchtlinge die Tore, haben eine Adresse, die sie nun nur noch finden müssen. Die meisten sind nun sicherlich zum Universitätsgebäude unterwegs, wo die größte Gruppe untergebracht werden sollte.