Neben dem schwarzen Brett hängen noch immer drei Listen unterschiedlicher Länge am Unteren Markt: gefallen - verschollen - wiedergekehrt.

Während die dritte Liste die Längste ist, und die zweite sich auf einen übersichtlichen Grundstock heruntergekürzt hat, ist die doch der beachtliche Umfang der Liste der Gefallenen wie ein Mahnmal und schneidet in das Herz manch eines Innehaltenden. Elurische Soldatinnen und Soldaten, Stadtwachengardistinnen und Stadtwachengardisten, aber auch Handwerkerinnen und Handwerker, unbescholtene Bürger, die ihre Stadt verteidigt hatten, waren dort verzeichnet, gestorben für den kleinen Fetzen Land, den man hier bewohnte, und den die Götter beschirmten.

Die verhüllte, schwer bewaffnete Chirà hält einen Moment inne und senkt den vom Tränenschleier getrübten Blick, ehe sie sich schließlich strafft, einen Kohlestift hervorzieht und mit dem ruhigen Schwung einer geübten Schreiberin einen weiteren Namen den Verstorbenen hinzufügt:

Christron Avon, Cherjas der elurischen Armee.

Das zweite "e" mit einem zitternden Schlenker abgeschlossen, lässt Yinua den Stift wieder in ihre Brusttasche gleiten, und tritt einen hastigen Schritt zurück, den Blick gesenkt haltend.

und tritt einen hastigen Schritt zurück, den Blick gesenkt haltend.

Dabei schreitet sie in einen Passanten hinein, der sich interessiert diese Szene ansieht. "Hey.." brummelt er und geht einen Schritt zur Seite

senkt den vom Tränenschleier getrübten Blick

als er in das Gesicht der Person blickt, schluckt der groß gewachsene Mann. Sein Blick wandert immer wieder zwischen dem Geschriebenen und der Person hin und her.

"Leider kann ich nicht lesen, doch ich sehe das Euch etwas bedrückt. Kann ich Euch etwas gutes Tun? Wollt Ihr vielleicht einen Tee mit mir trinken und über dieses Plakat mit mir reden?"

Zwei Männer, ein ernster junger Mann und ein Greis der sich kaum aufrecht halten kann, queren den Platz.
Des jungen Mannes Blick streift die Liste und kurz hält er inne, als er den letzten Eintrag wahrnimmt.
Der Greis murmelt etwas mit gebrochener Stimme.
"Nein, nichts. Alles ist gut Herr.", antwortet Horat dem taumelndem Schatten eines einst bekannten Mannes, "Alles ist gut."
Gemeinsam bewegen sie sich auf eine der Gassen zu, der Erschöpfung des Alten Rechnung tragend.

Jomar wird durch die Männer abgelenkt und schaut denen kurz nach.

Mit noch nassem Blick fährt Yinua herum, als der Fremde sie anspricht. Gelbe, schrägliegende Katzenaugen mustern das unverhoffte Gegenüber mit einer seltsamen Scheu, während der Ärmel unversehens hervorgleitet, um die verräterische Feuchte aus den Augen der Chirà zu reiben. Zwei Passanten queren den Platz, ein gebrechlicher älterer und ein ernster junger Mann - und wie Jomars Augenmerk, bleibt auch das der Kriegerin eine Weile an beiden hängen. Wie ein eisiger Funke tanzt Erkennen in ihren Augen, beschreibt der Schweif einen Schlenker in der Luft und zieht sie scharf den Atem ein - um wieder zu dem Schmied zu sehen, der sie angesprochen hatte.

"Sichàra, Fremder.", begrüßt Yinua ihn mit ihrer dunklen, samtig-rauhen Stimme, als sie sich scheinbar wieder gefangen hatte, und weist mit einer in feines Glacéleder gehüllten Pfote zu den Aushängen. Die Kriegerin ist in einen teuer schimmernden, tintenblauen Gehrock gehüllt, dessen Mantelschöße auf der Mitte ihrer Oberschenkel enden und dessen doppelte Knopfleiste mit breiten, silbrig glänzenden Knöpfen versehen ist. Eine einfache, schmal geschnittene Stoffhose, dunkle Stulpenstiefel und ein breiter Waffengurt, der um ihre Hüfte geschlungen ist, und in welchem eine Asnichara kühl glitzert, komplettieren den Eindruck gemeinsam mit einem schwarzen Schleier, der dünn, aber für neugierige Blicke undurchdringlich, das gesamte Gesicht der Chirà mit Ausnahme der gelben, mandelförmigen Augen verhüllt.

"Dies hier sind drei Listen, auf denen die Reichsregierung verzeichnen lässt, welche Personen in den Kämpfen gegen die Bedrohung gefallen -" Ihr Finger deutet auf die erste Liste, " - verschollen", die Pfote wandert zur zweiten Liste herüber, "oder zurückgekehrt sind." Yinua weist auf die dritte Liste, und senkt für einen Moment den Blick, ehe sie wieder zu Jomar herübersieht.

"Ich musste gerade einen weiteren Namen der Liste der Gefallenen hinzufügen. Den Namen eines Mannes, den ich lange sehr gut kannte, von den Zeiten an, als er noch ein kleiner Rekrut war. Ihr scheint nicht von hier zu sein... und ich bedauere, dass ihr die Stadt zu diesem Zeitpunkt kennenlernen musstet, zerstört und zerborsten, ein Schatten ihrer selbst, und nicht auf dem Höhepunkt ihrer Blüte. Die Trauer nistet hier in jedem Winkel."

Während Yinua spricht wandert Jomars Blicke auf die Papiere. Er nickt verständnisvoll. "Ich kann Euch verstehen. Auch ich habe im Krieg einen mir wertvollen Menschen verloren." Sein Blick wandert erneut zu der Liste und er spricht leise vor sich hin "Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann,
steht in den Herzen der Anderen." Dann wandert sein Blick auf die verhüllte Person. "Ein Freund von mir meinte einmal, dass man besser damit umgehen kann wenn man darüber spricht. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mir von ihm erzählen und ich lade Euch zu einem Getränk ein. Vielleicht wird Eure Trauer ein wenig besser."

Die Fremde blinzelt, als Jomar den kleinen Vers rezitiert, und ein Schatten von Verwunderung, aber auch skeptischer Distanz spiegelt sich in den schmalen Augen.
"Das trifft sicherlich nicht nur auf Menschen zu.", pflichtet sie ihm mit dunkler Stimme bei. "Ich bin allerdings nicht gut darin, zu erzählen, und noch weniger gut darin, meine Seele einem Fremden zu erleichtern, bitte verzeiht."

Die rechte Pfote Yinuas gleitet hervor, und bietet sich, in edles Handschuhleder gehüllt, Jomar zum Händedruck an. "Man nennt mich Yinua Yinas Drakha Mondrijel.", stellt sie sich mit gesenkter Stimme vor. "Ich arbeite in der hiesigen Verwaltung."

Lächelnd gibt er der Person die Hand. Sein Händedruck ist fest aber nicht so fest um als unfreundlich zu gelten. "Jomar Pencanas. Ich bin Schmiedemeister und hoffe demnächst meine eigene Schmiede zusammen mit meiner Schwester zu eröffnen." Dann lässt er ihre Hand wieder los. Seine Augen wandern über die verhüllte Gestalt und versucht sie zu mustern. "Selbstverständlich gilt es auch für andere Wesen und nicht nur Menschen"
Jomar legt seinen Kopf leicht schief beim mustern und beginnt nach einer Zeit zu lächeln. "Jetzt kennen wir uns ja und vielleicht wollt Ihr jetzt mit mir einen Trinken gehen?"

Mit einem schnellen Blick fängt Yinua das Lächeln auf, und in den gerade noch nass schimmernden Augen blitzt ein Funke auf. "Ich bin erfreut, euch kennenzulernen, Meister Pencanas.", erwidert die Chirà, um ihre Arme wieder vor ihrem Oberkörper zu verschränken, und nun mit einem leichteren Tonfall, durchsetzt von einem Hauch aufkommender Belustigung, fortzufahren, ihr Gegenüber aufmerksam taxierend: "...auch wenn ihr äußerst hartnäckig auf eure Einladung besteht, Herr Schmied. Ich wollte zurück in mein Büro, wo noch einiges auf mich wartet. Wäre ein Tee im Rathaus ein angemessenes Kompromissangebot? Ich hoffe es, denn sonst wäre ich vermutlich gezwungen, abzulehnen."

Der Schmiedemeister nickt. "Gerne. Ihr müsst aber vor gehen, da ich den Weg noch nicht so genau kenne?"

(weiter per mail?)

Die Drakha nickt ihm zu, und nur kurz schweift ihr Blick über den Marktplatz, dann über die drei Namenslisten, den neu hinzugefügten, frischen Namenszug, kaum ein paar Augenblicke alt. Yinua hebt die Schultern, sieht zu Jomar herüber, und setzt sich schließlich zögerlich in Bewegung, den Untermarkt in Richtung der Oberstadt querend und schließlich verlassend.

[ooc: Du hast Mail.]