Estichà Unterer Markt

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Zur Stunde des Hostinos [3. Jevour] (Untermarkt)

Reiterin @, Friday, 04. January 2013, 00:14

Der Nebel der Nacht legt sich auf die Ebene, als die Strahlen der Soa
den morgendlichen Dunst durchbrechen. Die Geschäftigkeit des Tages mit
seinen aufkommenden Handwerksgeräuschen, knarrenden Räderachsen und
knallenden Karkechpeitschen vertreibt die Ruhe Vesanas, erst
schleichend, dann immer selbstgewisser. Während Hostinos' strahlender
Sohn die Tochter Mra-Aggars in die kleinen Schlupfwinkel, Schatten und
die unergründliche Tiefe des Urwalds verbannt, steuert ein
unscheinbares, sumpfgrünes Karkech mit braunen Tupfen das Osttor an und
passiert es, als der dumpfe Gong des Hostinostempels die Stunde des
Weltenerschaffers einläutet.

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Blutspur [3. Jevour]

Aufmerksamer Händler @, Tuesday, 15. January 2013, 12:23 @ Reiterin

Die Stunde des Hostinos neigt sich dem Ende zu, als ein aufmerksamer Händler eine Blutspur bemerkt, die durch das Osttor zu verlaufen scheint. Ein einzelner, blutgetränkter Fußabdruck hat sich in den Staub gedrückt, aus der Stadt heraus oder in die Stadt hineinführend. Was hier wohl vorgefallen war?, fragt er sich düster. Aber viel Zeit blieb ihm nicht, über das rote Band zu sinnieren. Immerhin gab es Geschäfte, die er zu erledigen hatte.

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Ein letztes Geleit [3. Jevour]

Yorompriester @, Monday, 28. January 2013, 13:31 @ Aufmerksamer Händler

Es ist der dritte Jevour. Schwer wie Blei liegt der gleißend helle Morgen Delvans auf Estichà, als eine Schar Graugewandeter eine Bahre durch das Osttor stadteinwärts geleitet. Auf der Brust der Geweihten blitzt der Eisstern Yoroms – und schon das allein verrät viel über die Gestalt, die dort unter dem dunklen Tuch ruht – eine leblose Hülle, deren Geist zu den Eisfeldern des Ewigen geführt wurde, und hoffentlich vor ihm Bestand gefunden hatte, um in Chiskels Hallen eingehen zu dürfen.

Es ist der dritte Jevour, als ein paar greise Männer die Mützen von ihren kahlen Köpfen ziehen und wissende Blicke austauschen, bevor sie ihre Häupter neigen – ihnen gleich tun es andere, die das selbe, geheime Wissen teilen. Es ist nicht irgendein Tag, es ist der dritte Jevour.

Es ist nicht irgendein Tor, durch welches der Leichnam gebracht wird, sondern das Osttor.

Stück für Stück tauchen die Yoromi, die wie schweigsame, erhabene Vögel in ihren grauen Kutten erscheinen, in das innere Geflecht des geschundenen Estichàs ein, und tragen schwer an einer Last, an welcher Estichà selbst noch schwerer tragen wird. Das Knäuel aus Passanten mit erschrockenen Gesichtern, weit aufgerissenen, tränenblinden Augen und andererseits dem deutlichen Willen, nicht zur Kenntnis zu nehmen, was da gerade passiert war, verdichtet sich um die unerbittlich schweigend daherschreitende Priesterschar.

„Nicht Maria, nicht Maria!“, bricht es schließlich aus einer jungen Frau heraus, mit sich überschlagender Stimme wagt sie auszusprechen, was alle denken. „Es könnte auch die Katze sein.“, begütigt ein dickbäuchiger Seebär mit schnellen Blick auf die Bahre – zu schnell, um Details zu erkennen, die die eigenen Worte bestätigen oder widerlegen würden. Heute war der Tag des Duells gewesen. Kein Duell auf Leben und Tod. Aber dennoch wurde eine Bahre von den Yoromi hereingetragen, die eine kalte Ahnung wie einen unangenehmen Nochondaswind in die Gesichter der herandrängenden Elurier blies. Es konnte nicht Maria Villa Lobos unter dem Tuch sein. Es konnte nicht. Es durfte nicht.

„Wisst ihr noch, wie sie den grauen Falken besiegt hat?“, hört man es durch die Menge raunen. „Wisst ihr noch, wie sie dem inkompetenten Rat ein Schnippchen geschlagen hat, und die Reichskriegsministerin unseres gesegneten Reiches wurde? Mehrmals hat man sie totgesagt, und mehrmals ist sie wiedererstanden. Die, die sie jetzt abschreiben, haben sie schon abgeschrieben, bevor sie wiederkam, und die korrupte Sippe von ihren Ämtern vertrieb, um unsere Kanzlerin zu werden!“ Eifriger Zuspruch ereilt von vielen Seiten. „Wisst ihr noch, wie sie oft in den Hafenkneipen gesessen hat? Wisst ihr noch, was für eine Kapitänin sie war mit der Koh Samui? Sie war immer eine von uns, nie hat sie sich aufgetakelt wie die anderen alle. Priester und Könige hatten Respekt vor ihr, aber sie ist sich immer treu geblieben, eine echte Achorah eben! Ich wette, Maria kommt da gleich durch das Osttor geritten, schon ganz betrunken vom Sieg und Rum! Sie ist und bleibt doch unsere Maria!“ Ein altes Mütterchen bricht in Tränen aus, während tatsächlich einige stehenbleiben, um zum Osttor zu sehen. Nur ein junger Chirà kann es nicht lassen. „Und wann habt ihr die Koh Samui das letzte Mal gesehen?“, fragt er in den Nebel von Trauer und Ungewissheit. „Warum ist sie keine Reichskanzlerin mehr, wenn sie immer wiederkehrt? Und wer liegt da unter dem Tuch?“ Eine Artgenossin schüttelt nur den Kopf, und legt die Arme um seine Schultern. „Lass sie.“, flüstert sie leise. „Das sind Elurier. Vielleicht hat die Reichsministerin ja wirklich überlebt...“ Und kommt nicht umhin, dass in ihrer Stimme sich Hoffnung durchschlägt, Hoffnung, die sich aus der Trauer der Anderen speist.

Wer liegt unter dem dunklen Tuch, wer wird zu seiner letzten Ruhe getragen?

Von den Yoromi erfährt man es nicht. Dem Schweigenden verpflichtet, steuern sie mit ernsten Mienen den Tempel an. Aber so lange man auch auf das Osttor sieht – keine siegestrunkene Maria würde hindurchtreten, keine Achorah mit blitzenden Augen, ihrer legendären Asnichara und dem feinen Aroma des echten Achorah-Rums, der sie stets umgab.

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