Brückenschlag zu den Flüchtlingen: Verordnung zum Freibrief (Untermarkt)
Es ist zur besten Mittagszeit, als zwei Reiter den Unteren Markt erreichen. Eine in nachtblauen, schimmernden Stoff gehüllte Chirà, deren Gesicht unter einem schwarzen Schleier verborgen ist, ganz mit Ausnahme der gelbfunkelnden, mandelförmigen Augen, die daraus hervorstechen, und ein Gardist der Stadtwache steigen ab. Während ersterer die Leinen beider Karkechs hält, tritt die Justizministerin auf das Podest, und entnimmt ihrem Mantel einen gerollten Papyrus. Ruhig und stolz wirkt sie, wie sie dort steht, während sich mehr und mehr die Aufmerksamkeit der Menge ihr zuwendet. Es musste eine wichtige Angelegenheit sein, wenn sie nicht, wie sonst üblich, die Verkündung ihrem Sekretär überliess. Schließlich erhebt die Drakha die Stimme, die dunkel und samtig, aber auch mit einem leidenschaftlichen, beschwörenden Unterton erklingt.
„Volk Estichàs,
Die vergangenen Tage haben eine schwere Prüfung für unser ruhmvolles Reich und unsere blühende Stadt, die Krone des Metchàs, dargestellt. Aber wir waren in unserer Not Unterstützung erfahren, weil wir auch selbst unterstützt haben, und jenen Obdach gewährten, die selbst ihre Heimat verloren. Unsere und ihre Tapferkeit haben unsere Rettung möglich gemacht, ebenso wie die Unterstützung der Götter unseren Sieg, wenn auch unter schweren Bedingungen, beflügelte. Aber das Gesicht unserer Stadt hat sich verändert, und, das ist unvermeidlich, wird sich weiter verändern.“
Die Drakha holt tief Luft und ballt ihre rechte Hand zur Faust, als sie noch kraftvoller fortfährt:
„Doch die geschundenen Äste des Baumes werden neu austreiben, werden Blüten und Blätter bilden, und die alten Wunden vergessen machen. Der Fleiß unserer Bürger und Gäste, diesen Ort zu einer Heimat vieler zu machen, wird es ermöglichen, wir wissen, dass es so ist!
Deswegen entspricht es dem Interesse der elurischen Reichsregierung, und, wie ich glaube, im Interesse eines jeden Bürgers, Yedeiten wie Vobrern, Gilgatern wie Flüchtlingen aus der Schwarzen Stadt zu erlauben, legal und zum Nutzen alle an der wirtschaftlichen Entwicklung und am wieder aufblühenden Wohlstand zu partizipieren. Nicht, weil wir naiv wären. Nicht, weil wir Estichà ausverkauften, denn das wird, so wahr ich hier stehe, nicht passieren. Sondern weil wir wissen, dass es für die Arbeit, die vor uns liegt, vieler Hände bedarf und nichts mehr Verbrechen verhindert, als die Möglichkeit, sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen und seine Familie zu ernähren.
Deswegen wird der Freibrief, der Nichtbürgern zusteht und beim Bürgeramt im Handelskontor zu erwerben ist, darauf ausgeweitet, dass nicht nur Waren gehandelt werden, sondern auch Betriebe in Estichà gepachtet und betrieben werden dürfen. Er ist für den Preis von 80 Dublonen für ein halbes Jahr beim Bürgeramt zu erwerben. Der Besitzer des Freibriefes trägt die Pflichten eines Reichsbürgers, dementsprechend ist es die Pflicht einer jeden Gilde, diesen Freibrief anzuerkennen und den Besitzer desselben als Mitglied zu akzeptieren. Ein blühendes Estichà – das liegt im Interesse aller, die darin arbeiten und leben, die in dieser Stadt das sehen, was sie ist: Eine Gastgeberin für alle, die ihr mit ehrlichem Herzen dienen wollen.
Die Neuregelung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.“
Die Drakha hält noch einen Moment inne, und lässt ihre hellfunkelnden Augen über die Menge gleiten, dann tritt sie mit einer leichten Neigung des Kopfes zurück, und bringt die Neuregelung am Schwarzen Brett an.
Freude und Frieden
Yeval steht in der Menge, und lauscht den Worten der Drakha - als sie nach viel schönen Worten endlich zur Sache kommt, lacht Yeval leise bei dem Gedanken seinen teuren Bürgerbrief gegen einen solchen Freibrief einzutauschen - und so nicht nur Geld zu sparen, sondern auch noch die formidable Gelegenheit zu haben, seine Schmiede wieder zu eröffnen und die Gilde zum Metal zu ärgern. Bei diesem Gedanken angekommen ruft er mit einem Lächeln, das die Winkel seiner Schnauze zu sprengen droht aus: "Gelobt sei Hostinos!"
Freude und Frieden?
"Ich hoffe doch der Richtige..." erklingt eine leise-mahnende Stimme irgendwo schräg hinter Yeval, stammend von einer blassen Gestalt mit kurzgeschorenem schwarzen Haar und einer hässlichen Brandnarbe auf der Stirn, deren unterkühlte Augen zum Podest hinauf sehen.
Die Endrakhapriesterin hebt humorlos die Mundwinkel, sollte sich der Kater umdrehen, nickt ihm dann auch leicht zu.
Freude und Frieden?
In der Tat dreht sich Yeval um. Ein viel zu langer Augenblick fixiert er schweigend Lynelles Augen bevor er spricht und lächelt: "Es gibt nur einen"
Yeval schiebt sich durch die Menge, und wenig später kann man ihn auf dem Eisenhof vor einer Schmiede stehen, wie er Yok Rag´naar die freudige Nachricht überbringt, das alsbald Yevals Schmiede wieder eröffnet wird.
Wahrlich bester Laune kehrt er dann ins Badehaus zurück.
Glücklicher Moment
Die Bauarbeiter am zerstörten Metallzentrum wundern sich wahrscheinlich über den Chira, der da die Baustelle am zerstörten Metallzentrum betritt. Als er vor einer frisch errichteten Grundmauer stehen bleibt werden sie sich vielleicht fragen welche Gedanken ihm gerade durch den Kopf gehen aber sein fröhliche Gesicht läßt vermuten, daß er einen glücklichen Moment erlebt und so läßt man ihn dann auch ohne Worte wieder von dannen ziehen.
Freude und Frieden?
"Die einzig richtige Antwort." murmelt Lynelle, ohne dass es wohl noch für die Ohren des Chirà bestimmt wäre, ist ihr Blick doch bereits wieder zu dem Podest gewandert. Einige Herzschlage bleiben die dunklen Iriden noch auf der Verkündenden liegen, dann wenden sie sich ab und die marzialische Gesstalt der Endrakhi verlässt das Gemenge, um sich zurück in den Tempel zu begeben.