Auf dunklen Schwingen (Untermarkt)
Feenhaft glimmen die ersten Lichter in der nachtschwarzen Stadt auf, schauen aus unzähligen, leuchtenden Augen zum Tafelberg hinauf, während die Dunkelheit des frühen Morgens noch eine schläfrige Trägheit vortäuscht.
Noch ehe der dröhnende Klang der Glocken die Gläubigen in den Tempel der Meisterin lockt, regt sich etwas am höchsten Punkt der Stadt, hoch oben auf dem gewaltigen grauen Felsen, an der Spitze des Turmes des Endrakhatempels. Dort, wo der göttliche Donner Endrakhas, die mächtigen Vro'ajian ihren Unterschlupf finden, löst sich ein gewaltiger Schemen aus dem schwarzen Bollwerk, betritt die Plattform, die den Turm umringt und stürzt sich eine Moment später in die Tiefe. Der schuppige Körper schnellt Vat für Vat dem Boden entgegen, sein Reiter in aerodynamischer Leichtigkeit über seinen Hals gebeugt, als wäre er mit der riesenhaften Echse verschmolzen.
Gleich dem sirren einer Peitsche gleiten die ledrigen Schwingen des Hengstes jäh auseinander, der Körper des Tieres biegt sich und ein Donnern erklingt, als die Flügel den Wind schneiden. Die Kralle der linken Schwinge scheint den Bruchteil eines Herzschlages lang das raue Pflaster zu streifen, dann fängt der Vro'ajian seinen rasanten Sturz mit unvorstellbarer Leichtigkeit ab und schraubt sich mit donnernden Flügelschlägen in die Höhe, die in der nächtlichen Stille bis tief in die Unterstadt hinein zu dröhnen scheinen. Als grauer Schatten verschmilzt der Donner Endrakhas und sein Reiter mit der frühmorgendlichen Schwärze, während der tosende Schlag der Schwingen langsam gen Süden verklingt und die Stadt in ihrer schläfrigen Stille zurücklässt.