Am seidenen Faden (Untermarkt)
Zu solch nächtlicher Stunde ist selbst der Marktplatz nur noch spärlich belebt. Vielleicht einige Betrunkene, die den Heimweg antreten, ein Liebespaar, das sich zum heimlichen Treffen verabredet hat und sicherlich einige Zwysel die unter Vesanas Mantel ihren Geschäften nachgehen.
Doch noch mehr Bewegung ist diese Nacht in den Straßen zu sehen. Eine dürre Gestalt tritt stolpernd aus einer Seitengasse heraus und eilt auf den Marktplatz zu. Sie kommt jedoch nicht weit, kaum hat sie ein paar Schritte getan, hastet ein weiterer, vermummter Schatten hinter ihr her und ergreift sie an der Schulter. Die dürre Gestalt versucht sich los zu reißen. "Laß mich!" schreit sie, doch die Hand der Vermummten bleibt unerbittlich. Wie toll beginnt sie sich gegen den Griff zu wehren, zerrt und reißt, schreit, tritt und schlägt um sich, doch der Schatten bleibt unerbittlich. Er versucht offensichtlich leise auf die kleinere Gestalt einzureden, doch der Wahnsinn scheint undurchdringlich. "Laß mich, ich bring ihn um, ich bring ihn um." schreit sie plötzlich mit schriller Stimme, dann bricht sie in den Armen der vermummten Gestalt zusammen. Kurz noch flüstert der Schatten leise auf sie ein, dann hebt er den dürren Körper ganz einfach hoch und trägt ihn fort. Es wirkt fast so, als gäbe es auf dem Schlachtfeld Tote zu beklagen.
Am seidenen Faden
Auf dem Marktplatz bleibt auch mitten in der Nacht selten etwas unbeobachtet. Und so beobachtet auch hier eine Jajana der Stadtwache die merkwürdige Szene, und natürlich spitzen die Männer die Ohren, als sie etwas von "Umbringen" hören. Also gehen sie zugleich zu dem Mann, der nun die Gestalt auf der Schulter trägt.
"Braucht Ihr irgendwelche Hilfe?" fragen die Männer. Und: "Wer wird hier umgebracht?"
Am seidenen Faden
Die verhüllte Gestalt ist keineswegs ein Mann - und sie trägt die Person auch auf den Armen, und nicht über der Schulter. "Niemand.", entgegnet sie gereizt, und setzt ihren Weg unbeeindruckt fort, die erschöpfte Person in den Armen. Schliesslich war hier nichts geschehen, was irgendwelche Ordnungshüter objektiv etwas anginge.