Nacht des blauen Mondes (Nachtrag)
Es ist der 30. Omajas, die Nacht des blauen Mondes, einer der hohen
Feiertage des neuen Kultes und der wichtigste in der Kirche der
Vesana. Jahr um Jahr wird der Tag mit kleinen Feiern, Messen und vor
allem einer großen Prozession durch die Stadt begangen.
Einige Tage schon werfen die Feierlichkeiten ihren Schatten voraus. So
können wie jedes Jahr vermehrt Taliskrämer beobachtet werden, die
wunderwirkende Amulette, Talismane und Tinkturen verkaufen. Wahrsager
und Geisteraustreiber haben Hochkonjunktur, selbst wenn die meisten
wohl nur Scharlatane mit beeindruckenden Vorführungen sind. Seinen
Höhepunkt findet dieses Treiben dann am 30. selbst, wo zu alledem noch
Schabernack und andere Streiche der Kinder kommen.
Dann, pünktlich zur Stunde der Vesana, die der Hostinostempel
mit dem großen Gong einläutet, öffnet sich das Portal des
Vesanatempels feierlich und eine kleine Prozession tritt zwischen den
Flügeln hervor. Ein gutes Dutzend, vielleicht 15, blauberobte
Gestalten sind es, die die Prozession anführen. Einige ihrer Gewänder
scheinen von innen zu leuchten und alle sind maskiert, so dass kein
Name, kein Geschlecht, ja, nicht einmal der Rang der Personen mehr
als nur willkürlich geraten werden kann. Einige von ihnen tragen
Leuchtstäbe, die auf unerklärliche Weise Licht in der Dunkelheit der
Nacht spenden.
Auf dem Platz vor dem Tempel macht die Prozession kurz halt, während
sich zahlreiche Gläubige aus dem Tempel und andere Wartende in die
Prozession einreihen. Schließlich geht es los. Langsam und gemessenen
Schrittes macht sich der Zug auf den Weg durch die Oberstadt. Vorbei
geht es am Yoromtempel, über den Ratsplatz zur Vochà Jeltrias, die
hinab in die Unterstadt führt. Auf jedem Platz und an jeder Kreuzung,
an der sie vorbeikommen, schließen sich mehr Gläubige der Prozession
an. Junge und Alte, Arme und Reiche, gesetzestreue Bürger und wohl
auch die eine oder andere zwielichtige Person reiht sich ein, doch was
macht es schon, wer man ist in dieser Nacht, in der alle Charas am
Grauesten sind.
Vorbei geht es am oberen Markt hin zum unteren und noch immer wächst
der Zug, der mittlerweile schon eine beachtliche Größe angenommen hat.
Eine große Runde durch die Unterstadt folgt, in der Vesana
traditionell eine der wichtigsten Gottheiten ist, was gerade durch
Armenspeisung und Waisenhaus, die unter ihrer Schutzherrschaft stehen,
in Estichà besonders unterstrichen wird. Manches Mal kommt es vor,
dass einer der Priester jemanden aus der Menge berührt und der oder
die Glückliche weiss später von Visionen und Traumbildern zu
berichten.
Allmählich nähert sich der Zug, der längst nicht mehr so feierlich und
leise wie noch bei seinem Start am Tempel ist, sondern längst zum
munteren Treiben angeschwollen ist, dem Tempelbezirk Maniyara, wo ein
kurzer Halt vor dem Tempel der Mra-Aggar eingelegt wird. Schließlich
geht es zurück zum Tempel der Vesana und manch einer mag den Zug auch
schon wieder verlassen, doch ein großer, vielleicht sogar der
überwiegende Teil folgt den Priestern bis zum Tempel und der
gemeinsamen Andacht zur Feier des Tages.
gesamter Thread:
- Nacht des blauen Mondes (Nachtrag) - Vesanas Jünger, 24.11.2006, 23:35
- Zeremonie im Tempel - Die Priesterschaft der Vesana, 26.11.2006, 02:42