Mra Shora
Schon seit einer Stunde tobt der Sturm über Estichà, wirft Brecher um Brecher an die Kaimauern und Klippen und fegt über die Dächer der Stadt. Doch irgenwie kann das nicht alles sein - dieses Gefühl haben alle Bewohner der Stadt, egal, ob sie nun hinter dicken Tempelmauern sitzen, in großzügigen Villen in der Oberstadt, in den hohen, turmartigen Häusern der Unterstadt oder in einem Loch in der Kanalisation. Unerfreulich ist die Kanalisation übrigens... die starken Regenfälle lassen Wasser die Straßen hinabschießen und so manche Passage im Kanal hat sich schon in ein tückisches, rutschiges Bachbett verwandelt, Wasserkaskaden ergießen sich von Brücken hinab in die Eingeweide der Stadt und drücken viel angesammelten Schlamm und Unrat in die tiefergelegenen Teile der Kanalisation. Schon beginnt sich der Hafenplatz mit Wasser zu füllen, sowie vom Meeresgischtwasser als auch vom einströmenden Wasser aus den höhergelegenen Stadtteilen.
Als der Sonnenring zur Stunde der Mra-Aggar, dem Beginn der Nacht, schließlich ganz verlöscht, erfüllt für einen Moment eine eigentümliche Ruhe die Luft. Für einen Moment scheint das Rütteln an den Fensterläden innezuhalten, der Wellengang ruhiger und die Ruhe hinein vernimmt man sogar den großen Gong des Hostinostempels, der die Stunde der Mra-Aggar einläutet. Mit dem Verklingen des letzten Gongschlages erfüllt jedoch ein merkwürdiges Rauschen die Luft, vom Meer her kommend. Ein eisiger, geradezu klirrend kalter Wind fegt durch die Stadt, trifft mit jetzt unverminderter Wucht auf die Stadt und lässt die Seile der festgezurrten Schiffe ächzen, als er sie endlich losreißen und gegen die Kaimauern drücken will. Dann ist mit einem Mal die ganze Stadt mit ohrenbetäubendem Lärm erfüllt. Zunächst winzige Geschosse werden vom Sturm gegen die Fenster und Mauern in die Schlacht geschickt, messerscharf dringen sie durch Ritzen, immer größer werden jedoch die Brocken aus Yoroms Element, die auf die Stadt niederprasseln, ja, es sind Brocken aus Eis, die Estichà heimsuchen, voller Wucht zerschlagen sie kostbare Glasscheiben, zertrümmern Fassdeckel und Fensterläden, schlagen wir Geschosse durch dünne Bretterdächer und ungesicherte Dachluken, verwüsten Gärten, schlagen Feldfrüchte draußen auf den Äckern ein und knicken die Blätter von sturmgepeitschten Palmen. Nur wenige Minuten dauert das Getöse, doch diese Minuten reichen aus, um an zahllosen Häusern Dächer und Fenster zu beschädigen, Takelage zu ruinieren und Abflüsse in den Kanal zu verschließen. Die unglaubliche Kälte jedoch bleibt und nicht Regen ist es, der dem Hagel folgt, sondern Schnee! Mra Shora tobt über Estichà, schiebt Wolken um Wolken über das Meer zur Stadt, lässt eisige Luft direkt aus Yoroms Reich über Estichà hineinbrechen und die ersten Dächer schon mit dem Element des Todes, der Farbe der Toten, dem Weiß, bedecken.
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- Mra Shora - Willi, CHR-Verwaltung, 13.03.2006, 14:29
- Re: Mra Shora - Tijahra Asreja Mondrirual, 14.03.2006, 20:11