Der verwaiste Seehandel. Oder: Das rätselhafte Leben des Vardam Nogh.
Der Brand ist gelöscht. Das gewaltige Lager des Seehandels ist mehr oder minder ein glimmender Haufen Holz. Das Kontorgebäude ist jedoch unversehrt. Merkwürdig, dass es zuvor niemand bemerkte: War das Anwesen noch vor Jahr und Tag streng bewacht durch die Sragon der Bita Hashar, so liegt es nunmehr verwaist an der Hauptschlagader der Stadt. Ebenso die Liegeplätze der Covoras und der Bita Hashar I. Auch das Anwesen vor den Toren der Stadt, welches nach und nach mit einem festen Wall umgeben war ist verlassen. Und - merklicher - der Sragon-Anteil der Stadt hat deutlich abgenommen.
Es mag irgendwann jemandem aufgefallen sein, denn sonst wäre es nicht bekannt geworden und das hämische Grinsen der Marktfrauen wäre nicht so breit, während sie sich das Maul darüber zerreissen.
"Ja... wenn ich es dir sage... der knebelt uns nie wieder mit seinen Preisen. Man hat ihn gefunden, als einer der Angestellten noch einmal in das Kontor gegangen war um nach dem Rechten zu sehen."
Die andere schüttelt nur den Kopf.
"Glaub es, oder glaub es nicht... Vardam Nogh, der alte Leuteschinder lag tot hinter seinem Schreibtisch, der Dolch steckte noch in seiner Brust. Das hat mir Gorwed noch selbst erzählt... er hats gesehen. Und ich weiß ganz genau, wers gewesen ist... der Jamachan!!! Gorwed hat nämlich einen Schrieb auf dem Tisch gefunden, eine Einladung von Hel Nergal... kennste doch?!"
Die Alte steht nunmehr mit offenem Mund da und deutet an, dass die andere noch weiter erzählen soll.
"Ja... die warens... verdammte Vorovianer, sag ich... " *spuckt dabei aus* "die haben ihn um die Ecke gebracht."
Mit verschränkten Armen steht der Holzhändler daneben und hat zugehört.
"Da irrst du aber, Fisch-Trulla... mein Schwager ist bei der Stadtwache und hat mir erzählt, wer den alten Monopolisten umgelegt hat. Die Majester warens. Man weiß doch, wie er auf die zu sprechen war. Und mein Schwager hat unter den Beweismitteln eine gefälschte Rechnung über Lampenöl an die Majester gefunden. Er hat sie doch beschissen bis zum Gehtnichtmehr... jetzt haben sie Schluss damit gemacht. Und wenn ich euch sage..."
"Alle Käse, was ihr sagt..." mischt sich nunmehr ein Schreiber ein, der auf dem Weg zur Verwaltung ist.
"Ich hab doch selbst am Schreibtisch gestanden, als mein Chef noch gelebt hat. Ich bin nur froh, dass er nicht mitbekommen hat, was ich gehört habe, was er mit diesem Dreckskerl aus Gilgat besprochen hat... sonst wär ich wohl auch schon zwyseltot. Wenn ihr mich fragt, dann hat ihn Pet Charmain auf dem Gewissen. Die beiden hatten doch einen Streit wegen der Grundstücksgrenzen, und außerdem wollte Vardam ihm endlich nachweisen, dass Pet lange Finger gemacht hat. Er hat dem Yedeiten doch haarklein geschildert, dass er endlich den Brief hat, der alles beweist... Und der ist weg! Ich schätze unser sauberer Herr Prinzipal hat Wind davon bekommen und hat jemanden geschickt der den Beweis-Brief und Vardams Leben aus dieser Welt schafft.... und der hat wohl Erfolg gehabt..."
Die zierliche Frau, die mit ihren Einkäufen vorbeigekommen ist und zugehört hat, welche Tratsch da kolportiert wird seufzt.
"Das ihr euch nicht schämt! Der Herr Prinzipal würde sowas nie im Leben machen. Der ist ein Ehrenmann! Wer sooo schöne Augen hat, der kann sowas gar nicht machen. Meine Schwester hat schon Recht... es werden seine verkorksten Sragon-Freunde gewesen sein. Wo sonst sollen die auf einmal alle verschwunden sein? Ich hab sie seit Wochen nicht mehr in der Stadt gesehen, die mit ihren schwarzen Lederrüstungen... Wenn ihr mich fragt - die waren nicht ganz koscher. Ich find diese Schuppenträger sowieso ein wenig zum Fürchten..."
Die Fisch-Trulla hat nun zugehört und jedesmal eifrig genickt... irgendwie klingt alles plausibel... Vardam war nun einmal kein Freund von eitel Sonnenschein.
Ganz kleinlaut wispert sie allerdings, als jede Verschwörungstheorie durchgekaut worden ist...
"Aber sagt mal Leute... das Geld von dem... wo ist denn dass geblieben? Hat da jemand was von gehört?"
Und so werden nach und nach weitere Geschichten aufgetischt, was mit Vardams Vermögen passiert ist und wo es überhaupt herstammt...
Doch was wirklich geschah... das werden nur wenige wissen. Nur eines ist klar. Der Mann, der als einfacher Arbeiter nach Esticha kam und mit den Jahren zu Wohlstand kam... der ist nicht mehr. Denn schon in der darauffolgenden Nacht wurde er bestattet. Und ein weiteres Kapitel dieser Stadt hat sein Ende gefunden...
Die Trauer um Vardam Nogh.
Als Antwort auf: Der verwaiste Seehandel. Oder: Das rätselhafte Leben des Vardam Nogh. von Vardam am 25. November 2005 14:02:24:
Als die Prozession nich am nächsten Tag vom Yoromtempel auf zum letzten Hain macht, werden sicherlich nicht viele sein die den alten Halsabschneider und Seebären Nogh beweinen werden. Aber eine, auch wenn sie keine Träne vergießt, schließt sich den Yoromis an. Es ist die wohlbekannte Ministerin für Inneres. Was ie wohl mit dem ollen Nogh zu schaffen hatte? Immerhin hat man die beiden selten friedlich zusamen gesehen, haben sie sich doch oft genug mit Worten gefetzt und er sie sogar als Kratzürste bezeichnet. Aber wer weiß, immerhin war er ja ein Bürger des reiches. Und so verabschiedet sie sich von einem Mann in dessen Begrüßung schon mehr Wahrheit lag als in dem Monolog anderer.