Estichà Unterer Markt

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Begegnung am Rande

Mrushala @, Saturday, 15. January 2005, 15:23

Schmal wird es zum Ende der Sackgasse. Schmutzig endet sie als der Hinterhof einer Spelunke. Große Fässer voller Abfall reihen sich aneinander. Der Geruch von faulenden Essensresten liegt schwer in der Luft. Schmutzige Decken kennzeichnen das nächtliche Lager eines Bettlers.
Ein leises Wimmern windet sich die Hauswand empor. Ein paar schmutzige Kinder verdecken den Blick, will man dem Geräusch auf die Spur gehen. Gezischte schnelle Worte werden gewechselt.
Lautlos betritt ein grauer Schatten die Szene. Noch ungesehen, im schwachen Licht Delvans, das in der schmalen Gasse zu einem Rinnsal versickert. Die Kinder verstummen, als der Schatten der Gestalt das Zwielicht über ihnen weiter verdunkelt. Sie dehen die Köpfe.
Bedrohlich hebt sich der Umriss einer Chira ab. Deren Gesicht im Schatten, aus dem ein weisses Auge trübe hervor leuchtet. Mit einer ungeduldigen Bewegung ihrer Hand fordert sie die Kinder auf zur Seite zu treten.
Zögernd öffnet sich ein Spalt, der den Weg freigibt und eine Bahn des schwachen Lichts gleich einer zeigenden Hand auf die wimmernde Gestalt wirft.

Auf dem Boden liegt ein schmutziges Bündel Mensch. Tränen haben das Gesicht des Kindes in Rinnsalen vom Dreck befreit, die nun weiss hervor treten. Ein Bein von sich gestreckt. Eine blutige Lache hat sich darum gebildet. Die Chira lässt sich auf die Knie nieder, greift nach dem Knöchel und hebt ihn an. Die toten Augen eines Zwysels spiegeln ihr Ebenbild wider. Es hängt am Bein des Kindes, der Kiefer Schraubstockartig darin verbissen.
"Ich hab es tot geschlagen - aber wir bekommen es nicht los." Eines der Kinder hat sich neben die Chira gehockt.
Mit einem schnellen Griff löst die Chira ein Delanura von ihrer Seite und trennt den Körper vom Kopf des Zwysels. Ein paar der Kinder treten panikartig zurück, als glaubten sie das sie die Opfer der Klinge werden sollten.
Doch die Chira schiebt die Klinge nur in den Hinterkopf des Zwysels und dreht sie mit einer schnellen Bewegung des Handgelenks. Mit einem ungesunden - wenn auch nicht lauten - Knirschen bricht der erstarrte Kiefer des Tieres.
Behutsam löst die Chira die Zähne aus dem Fleisch des Kindes und hält den abgetrennten Kopf dem Kind an ihrer Seite hin.
"Habt ihr das Tier in die Ecke gedrängt - wirkte es merkwürdig?"
Sie öffnet ihre Tasche und holt ein zerschlissenes aber sauberes Stück Stoff daraus hervor. Während das Kind an ihrer Seite antwortet, legt sie eine Art Verband um den Knöchel.
"Ich... wir.... es schien als wolle das Zwysel beissen... irgendwie...aber wir wollten es nicht... wir haben nicht..."

Der Blick der Chira schweift umher, als suche sie etwas bestimmtes. Sie erhebt sich, schiebt ein paar der stinkenden Fässer beiseite. Mit einem Wink zeigt sie auf etwas, das dahinter verborgen lag. Es sieht aus wie ein schludriges Nest. Darin liegen dunkel gefärbte Eier.
"Es scheint es war nicht krank. Aber ihr solltet es..." Sie weisst auf das immernoch wimmernde Bündel "... besser in den Tempel bringen."
Sie bückt sich, greift eines der Eier und zerbricht es in ihrer Hand. Aus der Schale schaut ein beinahe vollständig entwickeltes Zwysel. Die Chira steckt es mitsammt der Schale in den Mund und kaut. Die kleinen Knochen und die Schale knirschen leise.
Dann tritt sie mit langen Schritten aus der Gasse, ohne sich nocheinmal um zu wenden.


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