[Seuche 6.Tag] Es wird Nacht

Pestilenz , Monday, 09. February 2004, 15:06

Als sich die Stadttore bei Einbruch der Dunkelheit ächzend geschlossen hatten, liegt eine fast gespenstische Stille über der Stadt. Etwa vierhundert Bürger hatten die Stadt verlassen, viele davon Angehörige der Oberschicht, die sich auf ihre Landhäuser zurückgezogen hatten. Von den Stadtmauern kann man die Lichtpunkte ferner Feuer im Umland erkennen, an denen sich diejenigen wärmen, die von Angst getrieben einfach das Weite gesucht hatten. Nach dem Rückzug der Stadtwache aus dem Armen- und Hafenviertel war es zu schweren Kämpfen zwischen Bewohnern und Plündererbanden gekommen, bei denen die Plünderer den Kürzeren gezogen hatten.
Mit jedem der bei der Plünderung von Wohnhäusern oder der vielen kleinen Läden angetroffen wurde, war kurzer Prozess gemacht worden. Die Lagerhäuser des Hafenviertels jedoch, die außerhalb des stark gesicherten Gelände des Hafens selbst gelegen waren, wurden ausgeräumt. Jetzt herrschte Ruhe. Doch langsam zieht der widerlich süße Geruch des Todes durch die engen Gassen. Niemand weiß wieviele unbestattete Tote bereits in den lichtlosen Elendsquartieren der unteren Stockwerke verwesen, in die sich die vertriebenen Kranken verkrochen hatten. In den Hospitzen der Stadt geht das Grauen um. Bestialischer Gestank liegt wie ein Todeshauch über diesen Leidensstätten. Mit Waffengewalt mußten manche Kranke daran gehindernd werden, sich aus diesem Inferno davonzuschleppen. Tag und Nacht wird in allen Tempeln der Stadt der Schutz der Götter erfleht, obwohl sich kaum Gläubige einfinden. Doch in dieser Nacht beten wohl die Meisten der Bewohner Estichas zu den Göttern, in der so Manche die eisige Kälte Yoroms fühlen.