[Seuche 4.Tag] Das Ende eines langen Weges
Es war die Frau eines Taglöhners, die den alten Heiler Revis fand. Wie jeden zweiten Tag war sie gekommen, um das Haus des Heilers in Ordnung zu halten und zu kochen. Ganz gegen seine Gewohnheiten war er noch nicht wach gewesen und so ging sie etwas besorgt, immerhin war der Heiler hochbetagt, in das im oberen Stockwerk gelegene Schlafzimmer, doch auch hier war Revis nicht. Der Heiler war ein Mann, der so gut wie nie von seinem gewohnten Tagsablauf abwich und die gute Frau machte sich jetzt ernstlich Sorgen, als sie sah, daß auch die Bettstatt unberührt war. Als sie das ganze Haus abgesucht hatte, stieg sie zu guter Letzt auf das flache Dach hinauf. Von diesem Dach hatte man einen wunderschönen Blick auf den Hafen und den Metcha und Revis hatte dieses Dach in jahrzehntelanger Arbeit in einen blühenden Garten verwandelt. Hier saß er in den seltenen Mußestunden, den Blick auf die See gerichtet. So fand sie ihn auch, in seinem alten Lehnstuhl, das Kinn auf die Brust gesunken.
Er schien zu schlafen. Neben ihm auf einem kleinen Beistelltisch stand noch das Glas aus dem er getrunken hatte. Als er auf Zurufe nicht reagierte, schüttelte ihn die Frau sanft an der Schulter. Leblos sank der Körper des alten Heilers zur Seite und ein Medhoramedaillion, das er in seiner Linken gehalten hatte, fiel auf den Boden. Die verstörte Frau rannte auf die Straße und alarmierte die Nachbaren. Zu dritt stiegen sie auf das Dach, der Netzmacher von nebenan, der Korbhändler und der alte Soldat mit dem steifen Bein. Der Soldat schüttelte nur verneinend den Kopf als er nach dem Puls des alten Heilers fühlte. Dann beteten die Männer für den Verstorbenen. Den Brief, der an die Reichskriegsministerin gerichtet war, fand man erst später.