Estichà Unterer Markt

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Tischgespräch

Pestilenz @, Tuesday, 25. November 2003, 08:07

Das Delvansfeuer hat seine tägliche Reise fast vollendet, als eine kühlende Brise vom Metcha her die auf der Stadt lastende Hitze lindert. Langsam kehrt Ruhe an den Kais ein und die Hafentavernen füllen sich. Besonders begehrt sind die Plätze im Freien und wo auch nur Platz ist haben die Wirte Tische hinausgeschafft, an denen sich Seeleute, Fischer, Hafenarbeiter und auch schon einige Schöne der Nacht drängen. Es ist der übliche Hafenklatsch der den Wein und das Bier würzt und auch eine Menge Seemannsgarn.
Im Rostigen Anker, Eingeweihten als die Schenke bekannt, in der die beste Fischsuppe Estichas zu haben ist, aber auch als Treffpunkt allerlei lichtscheuen Gesindels geht es noch recht ruhig zu. Die beste Stunde um unbehelligt von besoffenen Schlägern, zudringlichen Dirnen und ihren Zuhältern jene vorzügliche Suppe zu genießen, für der Anker zu recht gerühmt wird.
Wie fast jeden Abend ist auch der alte Revis gekommen, der hier im verrufensten Teil des ohnehin nicht gut beleumundeten Hafenviertels ein beträchtliches Ansehen genießt. Selbst die übelsten Raufbolde zollen ihm Respekt, denn wahrscheinlich gibt es keinen von ihnen, den er nicht schon behandelt hat und er hatte nie danach gefragt, ob der Betreffende auch bezahlen konnte. Vor etwas mehr als zwei Stürmen hatte er sich offiziell zur Ruhe gesetzt, was ihn jedoch nicht hinderte trotz seines Alters immer noch zu kommen, wenn man ihn rief. So war er auch bei der rasch um sich greifenden fiebrigen Erkrankung vor zwei Wochen wieder mit seiner Tasche unterwegs gewesen. Jetzt löffelt er schweigend seine Suppe an einem kleinen Tisch als ein hochgewachsener schlanker Mann mit glattem dunklen Haar zu ihm tritt und sich nach einem Kopfnicken zu ihm setzt. Ruhig wartet er bis der alte Heiler seine Suppe gegessen hat. Man kannte ihn hier unter dem Namen „Der Stille“ und munkelte darüber, daß er seinen Lebensunterhalt mit dem Dolch verdiente, als gedungener Mörder. Genaues wußte man nicht. Doch das Wenige das man wußte, hielt selbst die Neugierigsten ab, sich zu erkundigen.
„Sichara.“ : begrüßt ihn der betagte Heiler, der einer der Wenigen war, die wußten das „Der Stille“ ein überaus gebildeter Mann war, der nicht nur schreiben und lesen konnte, sondern über weitreichende Kenntnisse verfügte. Revis hielt ihn im Stillen für einen abtrünnigen Priester.
„Was hältst du von diesem neuen Fieber?“: erkundigt sich der sonst so Schweigsame.
„Es soll schon an die zwanzig Fälle in der Stadt geben.“
Revis schüttelt den Kopf.
„Unsinn! So viele sind es allein schon im Hafenviertel. Das heißt von so vielen weiß ich. Es sieht nicht gut aus und ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl. Ich zerbreche mir den schon seit gestern den Kopf. Irgendwo habe ich etwas Ähnliches beschrieben gesehen, mir will bloß nicht einfallen wo. Denn ich glaube nicht, daß dieses neuerliche Fieber eine andere Krankheit ist. Es sind nur Leute erkrankt, die es auch schon das erste Mal erwischt hat.“
Der alte Heiler wirkt besorgt.
„Ich teile dein schlechtes Gefühl.“: stimmt ihm „Der Stille“ zu.
„Diese Vorzeichen war ein ein Ritual. Ich verwette meinen Kopf darauf das es genau sieben waren, obwohl ich nur von fünf gehört habe. Verdammt soll sie sein!“
„Meinst du wirklich das SIE dahintersteckt?“
„Ja, das glaube ich. “: entgegnet der vermutliche Mörder.
„Dann stecken wir ordentlich in der Scheiße! Ich muß unbedingt morgen in die Bibliothek. Ich kann dieses Traktat nur dort gelesen haben. Es ist zum Verrücktwerden mit so einem alten vergeßlichen Schädel.“
Sie unterhalten sich noch eine ganze Weile bevor Revis aufbricht.

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